: FDP greift Scholz scharf an
Harte Worte des FDP-Verteidigungsexperten: „Bauernopfer“ wegen Nörvenich reicht nicht / Information der Luftwaffe „Schweinerei“ und „skandalös“ / Scholz backt im Streit mit Monitor kleine Brötchen ■ Aus Bonn Walter Jakobs
Die Freien Demokraten haben Bundesverteidigungsminister Rupert Scholz (CDU) aufgefordert, „unverzüglich“ den Verteidigungsausschuß des Bundestages über die Ergebnisse der Untersuchungen der Vorgänge nach dem Flugtag in Nörvenich zu unterrichten. In einem Gespräch mit der 'Neuen Osnabrücker Zeitung‘ sagte der Verteidigungsexperte der FDP -Bundestagsfraktion, Werner Hoyer, als „skandalös“, daß die Mitglieder des Untersuchungsausschusses in der vorigen Woche von Scholz und von Luftwaffeninspekteur Horst Jungkurth unzureichend informiert worden seien, jetzt aber die Ergebnisse angeblich intensiver Nachforschungen mit gezielten Indiskretionen in die Öffentlichkeit lanciert würden.
Diese Kampagne sei eine schlimme Provokation des Parlaments. Zugleich bezweifelte Hoyer die Darstellung, wonach allein die beiden inzwischen geschaßten Offiziere Rimmek und Hoppe für die Fortführung des Flugtages einschließlich des feucht-fröhlichen Ausklanges verantwortlich seien. Es sei eine „Schweinerei“, daß „denen alle Verantwortung zugeschoben wurde, um andere reinzuwaschen“, sagte Hoyer. Mit einem „Bauernopfer“ sei das „stillose Verhalten“ in Nörvenich, wo die Luftwaffe am Tag der Katastrophe von Ramstein bis in die Nacht ihren Flugtag gefeiert hatte, nicht aus der Welt geschafft. Hoyer wörtlich: „Scholz muß jetzt Farbe bekennen. Das liegt im Interesse der Luftwaffe, aber auch in seinem eigenen“. Oberst Dunkel, der Sprecher des Verteidigungsministeriums, erklärte der taz, daß das Ministerium, wenn der Verteidigungsausschuß es wünsche, „selbstverständlich“ zusätzliche Informationen liefern werde. Zur Zeit arbeite man „heftigst“ an einem Bericht.
Am Dienstag war in einem Beitrag von 'Panorama‘ Scholz‘ Darstellung, es habe keine Kunstflüge in Nörvenich gegeben, durch eine Vielzahl von Bildern und Zeugenaussagen widerlegt worden. Inzwischen backt Scholz auch gegenüber der 'Monitor‘ -Redaktion kleine Brötchen. Der Verteidigungsminister und andere CDU-Politiker hatten 'Monitor'-Chef Klaus Bednarz im Zusammenhang mit der Berichterstattung über Nörvenich „Manipulation“ vorgeworfen und mit gerichtlichen Schritten gedroht. Davon ist jetzt nicht mehr die Rede. Seit der 'Panorama'-Sendung steht Scholz ohnehin gänzlich nackt da. Sachlich hat der Wörner-Nachfolger im 'Monitor'-Streit nichts zu bieten.
Weder für ihn, noch für die Luftwaffenführung dürfte die Affäre mit der Demission der zwei Offiziere erledigt sein. Die Darstellung der anonym gebliebenen hohen Luftwaffenoffiziere, wonach die ebenfalls in Nörvenich anwesenden höherrangigen Generäle Vieth und Schmitz mit der Entscheidung über den Fortgang in Nörvenich nichts zu tun gehabt hätten, ist falsch. Zwar verließen Generalmajor Vieth und der Chef des Luftwaffenamtes Generalleutnant Schmitz gegen 17Uhr den Fliegerhorst, aber Vieth hat die Entscheidung, den Flugtag fortzusetzen, nach Informationen von 'Panorama‘ gedeckt. Auf einer Abteilungsleiterbesprechung am 30.August gab Vieth dies zu Protokoll. Inzwischen hat der SPD-Verteidigungsexperte Horn auch den Rücktritt von Schmitz und Vieth gefordert.
Unterdessen hat Scholz Ex-Luftwaffeninspekteur Steinhoff zum Vorsitzenden der Kommission berufen, die u.a. die Grenzen zwischen Kunstflugformationen und militärischen Flugübungen festschreiben soll.
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