: Gorbatschow will in Asien abrüsten
■ Sowjetischer Parteichef legt Plan zur „Stärkung der Sicherheit im asiatisch-pazifischen Raum“ vor / Abbau von Flottenstützpunkten, Einfrieren der Atomwaffen und friedliche Nutzung des Weltraums vorgeschlagen / Westliche Atommächte sollen Beispiel folgen
Berlin (ap/taz) - Auf seiner Ostsibirienreise schwelgt Gorbatschow in neuen Abrüstungsplänen. Er schlägt den beidseitigen Abbau von Flottenstützpunkten vor, will die Anzahl der Atomwaffen in der Region einfrieren und erklärt sich bereit, die Radarstation in Krasnojarsk zur friedlichen Nutzung des Weltraums umzufunktionieren.
Gorbatschow legte am Freitag auf einer Rede einen Sieben -Punkte-Plan zur „Stärkung der Sicherheit im asiatisch -pazifischen Raum“ vor. Darin wird auch auf die riesige Radarstation in Krasnojarsk eingegangen. Diese wird von den USA als Teil eines sowjetischen Raketensystems umd damit als Verstoß gegen den ABM-Vertrag von 1972 betrachtet und immer wieder zur Begründung für das eigene SDI-Programm herangezogen wird.
Gorbatschow schlug in diesem Zusammenhang vor, auf dem Gelände der Radarstation ein Zentrum für internationale Zusammenarbeit zur friedlichen Nutzung des Weltraums zu schaffen. „Dies ist unsere Antwort auf die Sorgen des Westens bezüglich der Station in Krasnojarsk“, zitierte die sowjetische Nachrichtenagentur Tass den Generalsekretär. „Unsere Besorgnis über den Bau der amerikanischen Radarstationen in Grönland und in Großbritannien bleibt“, sagte der Generalsekretär weiter. Er erwarte aber von Washington entsprechende Maßnahmen als Antwort auf die sowjetische Initiative.
Auch bei den Atomwaffen hofft die Sowjetunion, daß die westlichen Atommächte dem Beispiel folgen und die Anzahl der Nuklearwaffen nicht mehr erhöhen. Außerdem solle man unverzüglich mit den Vorbereitungen zu einem chinesisch -sowjetischen Gipfeltreffen beginnen. In die Sicherheitspolitik der Region müsse China einbezogen werden. „Man könnte diese Erörterungen zwischen der UdSSR, China und den USA als ständige Mitglieder des UNO-Sicherheitsrates beginnen“.
Die Sowjetunion werde die Zahl ihrer Atomtests in der Region nicht erhöhen, sagte der Parteichef. Er lud die Anrainerstaaten zu Gesprächen über eine Verminderung der Flotten- und Luftwaffenpräsenz ein und regte die Schaffung eines multilateralen Informationssystems zur Vermeidung von Zwischenfällen zu Wasser und in der Luft an. Ausdrücklich miteingeladen zu den Gesprächen wurde erstmals Südkorea, mit dem Moskau zukünftig auch wirtschaftliche Beziehungen aufnehmen wolle.
Im innenpolitischen Teil seiner Rede vor Wirtschafts- und Parteiführern der ostsibirischen Stadt Krasnojarsk warnte Gorbatschow vor „voreiligen Schlüssen“ „über Fortsetzung auf Seite 2
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die jetzt angeblich entstandene Gefahr für die Perestroika“. Es sei nicht möglich, „alle Probleme mit einem Streich“ zu lösen. „Ein solches Herangehen ist von der ernsten Politik weit entfernt und für die Sache gefährlich.“ Schon am Donnerstag hatte Gorbatschow in einer anderen Rede angekündigt, die Perestroika im Land zu beschleunigen. „Wir haben die ersten zwei bis drei Jahre gebraucht, um uns zurechtzufinden. Jetzt ist die Zeit der Taten gekommen.“ Als Probleme, die in der nächsten Zeit bewältigt werden müssen, bezeichnete er die kritische Lebensmittelversorgung und den Schutz der Umwelt in den Industriegebieten der Region. „Die Wende ist schicksalhaft notwendig“, sagte er in Schuschenskoje, dem ehemaligen Verbannungsort Lenins während der Zahrenreit. „Es geht um die Revolution, es geht um das Schicksal des Sozialismus.“
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