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Solidarität - sonst nichts

■ Wenn ein Wunsch zum Fehler wird: Nicaragua ist sehr wohl Mitglied im IWF / ÖTV-GewerkschafterInnen informierten sich

Fast eine Woche hatte das Thema der ÖTV-Veranstaltung im Anti-IWF-Kasten auf der taz-Lokalprärie gestanden, und verbreitet wurde das Thema auch auf Plakaten und Flugblättern: „Nicaragua ist nicht Mitglied im IWF, die Türkei ist Mitglied. Machen es die Nicas falsch, die Türken richtig?“ So mag es sich denn als Gerücht verbreiten falsch ist es trotzdem. Denn Nicaragua ist sehr wohl Mitglied von IWF und Weltbank, auch wenn die „Geschäftsbeziehungen“ derzeit ruhen.

Aber nicht einmal dem einleitenden Statement einer ÖTV -Sprecherin war zu entnehmen, daß der Fehler irgendjemandem in der Gewerkschaft aufgefallen war. Sonderlich interessant fanden die gut hundert BesucherInnen der Veranstaltung das Problem ohnehin nicht. Kein Wunder: Die Politikwissenschaftlerin Tatjana Chahoud bombardierte das Publikum mit einem zwanzigminütigen Kompakt-Vortrag über IWF und Weltbank im Allgemeinen. Der türkische Gewerkschafter Necati Gürbaca nutzte es hemmungslos aus, daß sich Leute endlich einmal nicht für die touristische, sondern für die politische Lage in der Türkei interessierten - mit dem IWF hatte sein Vortrag kaum noch etwas zu tun. Und als Roger Peltzer von der Christlichen Initiative Romero endlich mit seinen provokanten Thesen über die faktische IWF-Politik der sandinistischen Regierung aufwartete (siehe IWF-Seite 8), war das Publikum bereits erschöpft.

„Das mag ja alles sein, aber was können wir tun?“, war denn auch sofort die Frage eines der so solidaritätswilligen Gewerkschafter. Die Antwort erfolgte prompt: Eine Grußadresse an die Demo am Sonntag, und alle hingehen. Den ZuhörerInnen war mit dem Wissen genüge getan, daß sich in Nicaragua - anders als in der Türkei - keine korrupte Elite an der „Anpassung“ bereichern könne. IWF-konforme Wirtschaftspolitik in Nicaragua - ob das stimmt, war egal Hauptsache, solidarisch.

diba

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