: Jungfilmentsilberung droht
■ Kleinanzeigenforschung
Wir wissen nicht, ob der Film so wertvoll ist wie Rambo 3. Auf jeden Fall ist der 16-mm-Streifen Terminus abendfüllend genau 79Minuten lang, weil er mit 78Minuten als Kurzfilm nicht in die Vertriebsförderung gekommen wäre. Ansonsten macht er keine Konzessionen an die Rezeptionsgewohnheiten, sondern ist experimentell, aber so, sagt der Autor und Regisseur, Stefan Reinowski (26), daß man noch durchblickt, außer am Schluß, wo es surreal wird, aber so schlimm auch wieder nicht. Der Film handelt von Menschen in Extremsituationen, und zwar am Beispiel einer jungen, blonden Frau, die mit dem Auto allein nach Ägypten aufbricht, aber im Wendland, das filmisch einen Freiraum darstellt, mit einer Panne liegenbleibt und bei einem Pärchen auf dem Bauernhof unterkommt und kein Werkzeug für ihre Karre hat und sich deswegen von dem Typen auf dem Hof, einem Öko-Macho, auch noch dumm anquatschen lassen muß. Die drei vom Bauernhof reden dann im Laufe des Films viel aneinander vorbei und auch eine Film-im-Film-Sequenz, in der sie ein besseres Bildnis ihrer selbst im Fernsehen sehen, bringt keine Besserung. Dann gibt's noch einen Mord an einem Zirkusdirektor, der die ganze Zeit nicht im Bild zu sehen ist, aber am Ende mit einer Whiskyflasche, aus der die Blonde dauernd trinkt, erschlagen wird: alles in schwarzweiß. Drei Jahre Arbeit stecken da drin, und all das ist gefährdet, weil Stefan Reinowski Schulden beim Kopierwerk in Höhe von DM 2.778,- hat und dieses gedroht hat, das Negativ zwecks Geldgewinn zu „entsilbern“. Deshalb kam Stefan auf die Idee mit der Anzeige in der taz vom Samstag, wo er analog zum Robbensterben zu Spenden „Gegen das Aussterben Berliner Jungfilmer“ aufrief. Was soll er sonst tun? Sein Kneipenjob bringt soviel nicht ein, mit der Filmförderung klappte es auch nicht. Sein TU -Kommunikationsstudium hat Reinowski abgebrochen, weil er bei den Vorlesungen immer über die Profs lachen mußte. Kino ist ihm lieber; er ist, sagt er, einer von denen, die sich 25mal die 2001-Odyssee ansehen. So einem ist es ernst mit dem Filmen, aber seinen Streifen, der wahrlich keine Komödie ist, und das ist wahrhaft selten unter den verkniffenen Berliner Jungfilmern, sieht er mit einem Lachen. (Weil die Kontonummer auf der Lokalprärie falsch abgedruckt war, hier nochmal richtig: Postgiro Ffm, BLZ 500 100 60, Kto 393 196 -604. Tel.: 6945628
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