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Der Ritter der Couponschneiderrunde

■ Graf Lambsdorff will Vorsitzender der Couponschneider werden / Neue Buchveröffentlichung über „Das Lambsdorff-Urteil“ eine glänzende Empfehlung / Des Grafen Vita als Erfolgskurs / Preußischer Schneid, harte Disziplin

Düsseldorf (taz) - Drei Jahre lang wurde er in einer „Ritterakademie“ erzogen. „Sehr diszipliniert, sehr einfach und sehr preußisch“ soll es dort zugegangen sein. Die Art, wie der Bismarck-Verehrer Graf Lambsdorff dieser Tage zur FDP-Spitze stürmt, zeigt: an preußischem Schneid mangelt es dem Grafen nicht. „Wenn die FDP nicht geführt werden will“, so schmettert der Kandidat dem Parteivolk entgegen, „braucht sie mich nicht zu wählen.“ Sie werden ihn wählen - ja, sie müssen. Eine andere Entscheidung ließe uns tatsächlich am Verstand der bundesdeutschen Couponschneider zweifeln.

Allein die Analphabeten unter ihnen dürften auf Gnade hoffen. Alle anderen hätten es nachlesen können - „Hans Leyendecker (Hg.): Das Lambsdorff-Urteil, Steidl-Verlag“ -, wie da der Graf in Bonn im Verein mit dem blaublütigen von Brauchitsch jahrelang im Zentrum der Bonner Landschaftspflege stand, sich aufrieb, die Couverts hin- und herschob, eine Plackerei ohnegleichen - und alles ausschließlich der gemeinsamen Rendite wegen.

Selbst die Richter am Bonner Landgericht haben ihm diese Leistung nicht abgesprochen. Das Urteil, das durch die Leyendecker-Veröffentlichung erstmals ausführlich auf 133 Seiten dokumentiert wird, legt Zeugnis davon ab. Zwar stellte das Gericht in Sachen Bestechlichkeit Verdachtsmomente fest. Zu einem Urteil gegen den Grafen ließ es sich dennoch nicht verleiten.

Sicher, bei der Steuerhinterziehung wurden Fehler gemacht. Daß mit Lambsdorffs Hilfe 1.526.304 Mark den nimmersatten Staat nicht erreichten, erschloß sich auch dem Gericht. Doch was sind 180.000 DM Geldstrafe „wegen Steuerhinterziehung und Beihilfe zur Steuerhinterziehung“ angesichts der glänzenden Verzinsung der eingesetzten Mittel? Also, selbst in diesem Urteil manifestiert sich der Erfolgskurs des Grafen. Daß der Lambsdorff-Fan Jürgen Möllemann dies nicht erkennt und in einem Zeitungsgespräch das Bonner Urteil ein „unbestreitbares Manko“ für den Kandidaten nennt, könnte man als Beleg dafür nehmen, wie weit der Einfluß von „Kloakenjournalisten“ inzwischen schon reicht.

Zu des Bildungsministers Entschuldigung sei auf dessen Fallschirmspringerleidenschaft verwiesen. Bei so vielen Sprüngen verlief die Landung möglicherweise nicht immer glatt. Sollte die Möllemannsche Entgleisung tatsächlich zu Irritationen geführt haben, so bleibt den wankelmütigen FDP -Delegierten bis zum Wahlparteitag Anfang Oktober in jedem Fall Zeit genug, um sich von der Eignung des Grafen anhand der Buchlektüre zu überzeugen.

Gewiß, als Postbote, Lehrer oder Lokomotivführer würde der Graf nicht eingestellt - aber die werden ja auch nicht von der FDP gewählt.

Walter Jakobs

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