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IWF-betr.: "Auf jeden Banker ein Polizist", taz vom 15.9.88

Betr.: „Auf jeden Banker ein Polizist“,

taz vom 15.9.88, S. 1

Pünktlich zum IWF-Kongreß fühlt sich Innensenator Kewenig bemüßigt, erklären zu müssen: „Berlin ist nicht Seoul!“ Angesichts der Tatsache, daß in West-Berlin erheblich weniger Koreaner leben als in Seoul, mag diese Behauptung außerordentlich zutreffend sein. Nun wollte aber Kewenig mit seiner Bemerkung ausdrücken, daß die Polizeistaatsmethoden in Südkorea mit denen in West-Berlin nicht zu vergleichen sind. Was zu beweisen wäre.

Bei Protesten gegen das Regime: Knüppelorgien hier, Knüppelorgien dort. Razzien hier, Razzien dort. Straßenkontrollen hier, Straßenkontrollen dort. Beide Male die gleiche Begründung: Fahndung nach irgendwelchen Terroristen, die grundsätzlich nie in den eigenen Reihen gefunden werden. Ausgebildete Schlägertrupps hier wie dort. Seoul: oftmals am Rande des Bürgerkriegs; West-Berlin: ein Innensenator, der die Inszenierung eines Bürgerkriegs versprochen hat für den Fall, daß beim IWF-Kongreß nicht alles so klappt, wie er es sich denkt. Die Ausrüstung der Polizei: sowohl hier als auch dort dank deutscher Waffentechnologie bestens in ihrem Sinne.

Die Unterschiede: wenn die Machthaber in Südkorea so richtig zuhauen, nennen sie diese Situation „Ausnahmezustand“ - in West-Berlin: „StPO und ASOG“. Ergo: mehr Ehrlichkeit in Seoul. U-Bahn-Kontrolle mit MP: so etwas bietet nur Kreuzberg. Gezielt geschürte Hysterie in der Bevölkerung, um die Legitimität von Polizeiknüppeleien vorzuspiegeln - das versucht auch nur West-Berlin; in Seoul glaubt's eh niemand. Die Bullen- und Bulettenpräsenz : 1 auf 250 Einwohner in Seoul, 1 auf 150 Einwohner in West-Berlin.

Kewenig hat schon recht: Berlin ist nicht Seoul. Berlin im September 1988 ist - dank Kewenig - Seoul einen Schritt voraus.

Kasi, Berlin

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