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Sperber und Stümper

Der IWF-Attentäter von Bonn: nicht olympiareif  ■  FLIPS & FLOPS

Große sportliche Erfolge besitzen hierzulande bekanntlich eine beachtliche Sogwirkung. Boris Becker beispielsweise löste mit seinem Wimbledonsieg den größten Tennisboom der Neuzeit aus, während Steffi Grafs Triumphzug über die Centre Courts eher wissenschaftliche Umwälzungen bewirkte und die Vaterbindung als neuen Zweig der Sportmedizin etablierte.

Völlig natürlich, daß die großartigen Errungenschaften der bundesdeutschen Schützengilde bei den Olympischen Spielen in Seoul eine Fülle von begeisterten Nacheiferern hervorbringen werden. Einmal Gold, einmal Silber, einmal Bronze, das ist die bisherige Bilanz der Schützin Sperber und des Schützen Riederer, ein phantastisches Ergebnis, mit dem selbst die ansonsten allenthalben überlegene DDR nicht mithalten kann. Die hat ihre besten Kräfte in dieser Disziplin augenscheinlich nach wie vor daheim an der Mauer postiert.

Ein neuer Volkssport ist geboren, der allerdings noch arg in den Kinderschuhen steckt, wie das Attentat von Bonn zweifelsfrei zeigt. Während die SchützInnen in Seoul mühelos in der Lage sind, feinste Ziele mit ruhiger Hand anzuvisieren, gelang es dem Bonner Sperber-Epigonen nicht einmal, einen ausgewachsenen Finanz-Staatssekretär zu treffen. Zudem zeugt neben einem gewissen Mangel an sittlicher Reife schon allein die Wahl der Munition von fehlendem olympischen Geist. Mit Schrot auf einen IWF -Unterhändler zu ballern, ist etwa so, als würde Boris Becker mit einer Ballmaschine zum Netzangriff starten.

Hier tut eine gesunde Ausbildung Not und es empfiehlt sich, aufstrebende und engagierte Talente des Schützenwesens dorthin in die Lehre zu schicken, wo die Medaillengewinner im Schießen allesamt herkommen: nach Bayern. Dort könnten sie bei einem anderen Staatssekretär, Peter Gauweiler nämlich, dem Oberlehrer des finalen Todesschusses, wertvolle Erkenntnisse sammeln, zum Beispiel, daß es wenig ratsam ist, ein Ziel anzuvisieren, das von einem gepanzerten Auto umgeben ist, und hätten zudem den Vorteil, daß in Bayern die Politiker gemeinhin etwas großvolumiger sind als anderswo.

Matti

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