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Ein portugiesischer Fontane

■ Jose Maria Eca de Queiroz‘ Roman 'Die Maias‘

In Portugal ist er ein Klassiker, bei uns erst in den letzten Jahren (wieder) aufgelegt worden: Jose Maria Eca de Queiroz, 1845-1900, ein ironischer Realist, der als aufmüpfiger Linksaußen begann und als portugiesischer Konsul in Paris endete. 'Die Maias‘, sein Roman aus dem Lissabon Ende des vorigen Jahrhunderts, erschien erstmals 1888.

Ich habe das Buch verschlungen. Die Hingabe, mit der die portugiesischen Intellektuellen der frühen 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts die ökonomische Modernisierung und den politischen Umsturz diskutierten, ist mir aus den Debatten hundert Jahre später so vertraut, daß auch das Verdämmern dieses Aufbruchs fast zu verständlich wird. Die Lissaboner Jeunesse Doree: Eine Generation lang interessierte sie sich weniger für Pferde, Kaschmirschals und erotische Landpartien als für Zola, Proudhon und den Liberalismus, ein paar Jahre lang schwärmte sie davon, zu arbeiten, nützliches Glied zu sein in einer besseren Gesellschaft. Dann wurde sie abgelöst von neuen jungen Leuten, die ihren Vorgängern nur abgeschaut hatten, daß der Wunsch, die Welt zu verändern, einen nicht davor schützt, am Ende wohlbeleibt im schattig gekühlten Salon in einem schicken Pariser Sessel zu hocken und zigarrerauchend über der Zeitung einzuschlafen. Sie entschlossen sich darum lieber gleich, sich einzurichten im Bestehenden.

Die himmelstürmende Aufgeregtheit, der feste Wille, dem herrschenden Graus ein Ende zu machen, war freilich in dem Milieu, das Eca de Queiroz beschreibt, weniger ausgeprägt als bei uns. Dazu geht es den jungen Herrschaften, die er beschreibt, zu gut. Auf den 815 Seiten des Romans, in dem so viel von Veränderung die Rede ist, wird nie auch nur eine Zeile darüber verloren, wie der sagenhafte Reichtum des Helden zustandekommt, wer ihn erarbeitet. Als die von ihm verehrte Frau, davon spricht, wie gern sie ein paar Monate auf dem Lande leben würde, da kauft ihr Carlos de Maia eine kleine Villa mitsamt kostbarstem Inventar. Daß er nicht zu wissen scheint, wo sein Vermögen herkommt, macht sicher ein Gutteil des Charmes von Carlos de Maia aus wie auch, daß wir nichts über die Quellen dieser nie endenwollenden Ströme von Geld erfahren, sicher den Reiz der Lektüre erhöht.

Die Helden des Buches stehen vor der schwierigen Wahl, als Ärzte nützlich zu sein oder die Zinsen ihrer Vermögen unter Soubretten und Innenarchitekten zu verteilen. Sie entscheiden sich alle für letzteres. “...Paris sei der einzige Ort auf der Erde, der genau dem Typ entspreche, der er sich zugehörig fühle: 'Dem reichen Mann, der gut lebt.‘ Spazierritt im Bois, Frühstück im Bignon, eine Runde auf dem Boulevard, eine Stunde bei den Zeitungen im Klub, ein bißchen Florettfechten im Waffensaal, abends die Comedie -Francaise oder eine Soiree, im Sommer Trouville, im Winter ein paar Schüsse auf die Hasen, und das ganze Jahr hindurch Frauen, Pferderennen, ein gewisses Interesse für die Wissenschaft, für Antiquitäten und ein bißchen Aufschneiderei. Nichts sei harmloser, belangloser und angenehmer.“ Dieses Milieu und seine Wandlungen schildert Eca de Queiroz mit fesselnder Eindringlichkeit, viel Abstand und Fontanescher Ironie.

Die Piper-Ausgabe basiert auf einer des Ostberliner Aufbau -Verlages. Eine gute, flüssig zu lesende Übersetzung mit hanebüchenen Fehlern: da soll einem Jungen das ABC beigebracht werden, wo beim Autor vom Katechismus die Rede ist oder aber ein General genießt bedächtig seinen Punsch, wo er das englische Magazin 'Punch‘ lesen sollte. Schade, daß da nicht noch einmal nachgebessert, sondern nur nachgedruckt wurde.

Jose Maria Eca de Queiroz, Die Maias, Piper-Verlag, 837 Seiten, aus dem Portugiesischen von Rudolf Krügel, mit einem Nachwort von Oscar Lopez, 24,80 DM

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