: E-88-Contras zum zweiten
■ Vier Bezirke treten an gegen Wessi-Land im ZDF-Städteturnier
Kultur wird von den Entwicklungen in den Städten bestimmt. Die Stadt ist der Nährboden der Zivilisation. ZDF -Pressetext. Die E-88-Contras aus den Berliner Bezirken holen zum zweiten dezentralen Gegenschlag auf Kulturstadtsenator Hassemer aus (erster Schlag Kreuzberger Festliche Tage, taz berichtete). Diesmal hat eine Allianz der obersten Entscheidungsträger von Kreuzberg, Wilmersdorf, Charlottenburg und Neukölln sogar eine öff.-rechtl. Sendeanstalt für ihr Attentat gewinnen können. Wichtigwichtelig, worthülsig und rotöhrig baten die Dorfschulzen Ubbelohde, Krüger, Dohm und Kriedner deshalb zur Pressekonferenz. Ihr Plan: Im nieseligen November, wenn E-88 in den letzten Zügen liegt, greifen sie an. Mit dem „ZDF-Städteturnier“ setzen sie an vier Sonntagnachmittagen zur endgültigen Provinzialisierung Berlins an. Zusammen mit den Sendebeamten werden sie die kulturellen Leistungen der Städte Mannheim, Münster, Bochum und Wuppertal bewerten. Anhand von Showprogrammen und Fragebögen wird abgeprüft, wie phantasievoll die Städte mit ihren Kulturetats umgehen. Die vier Live-Shows gehen in den Union-Film -Studios in Tempelhof über die Bühne. Über die Siegerstadt entscheiden Bürgermeister, Kultureferenten, Studiogäste und natürlich TED, die Allgemeinmeinung des glotzenden Volkskörpers. Für dieses Spiel ohne Grenzen der Kulturetatisten schickt Mannheim (Kulturhaushalt 351 Mark pro Einwohner) die Jazz-Nachtigall Joy Fleming ins Rennen. Münster (217 Mark) sendet das Ensemble der Musikschule, auf der einst schon Panik-Udo L. erste Gitarrengriffe übte. Bochum (172 Mark) präsentiert Prof. Kaminski von der Sternwarte incl. Wettersatellitenbild live. Wuppertal schließlich (233 Mark) glänzt mit dem berühmtesten Wuppertaler seit Friedrich Engels: dem Obertappert Derrick. Bei dieser Spitzenauswahl scheuen die Berliner Bürgermeisterdarsteller die Konfrontation mit den westdeutschen Mittel-Metropolen überhaupt nicht. Wir werden unseren Anteil zeigen und die Funktion Berlins betonen. Gute Unterhaltung.
Kotte
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen