„Nicht mehr nur Zuschauer sein!“

Izzet Aydogdu ist verantwortlicher Redakteur der türkischen 'Stachel'-Ausgabe  ■ I N T E R V I E W

Damit ein Immigrant auch während der kommenden Legislatur -Periode im Abgeordneten-Haus vertreten sein wird, will sich Izzet Aydogdu, verantwortlicher Redakteur der türkischen 'Stachel'-Ausgabe 'Diken‘, von der AL Reinickendorf aufstellen lassen. Aydogdu, ehemaliger Anhänger der türkischen Arbeiterpartei, flüchtete 1975 nach mehr als zwei Jahren Gefängnis und Folter, nach Berlin. Seit 1983 sitzt er als AL-Vertreter im Kreuzberger Ausländerbeirat.

taz: Was hat Sie bewegt, in letzter Minute zu kandidieren? Immerhin hat der AL-Ausländerbereich bereits Heidi Bischoff-Pflanz aufgestellt.

I. Aydogdu: Die AL hat, indem sie eine Immigrantin ins Abgeordnetenhaus geschickt hatte, einen gewaltigen Fortschritt gemacht. Dieser Anfang einer richtigen Immigrantenpolitik muß fortgesetzt werden. Mit „richtig“ meine ich natürlich, daß Immigranten von Immigranten vertreten werden. Die AL hatte von Anfang an, lange vor Sevim Celebi-Gottschlichs Kandidatur, eine gute Immigrantenpolitik gemacht. Aber wir wollen nicht immer Zuschauer bleiben, wir wollen unsere Interessen selbst vertreten. Und in dieser Hinsicht hat Sevim mehr geschafft als Heidi Bischoff-Pflanz. Sevim hat das Immigrantenpolitische Forum geschaffen und den Immigranten damit eine Stimme gegeben.

Wie stehen Sie zur Asylpolitik?

Nun, ich war selber jahrelang Asylant und werde mich natürlich auch für die Rechte der Flüchtlinge einsetzen. Ich verstehe mich aber in erster Linie als Vertreter der Immigranten. Auf dem Gebiet Asyl muß ich zugeben, daß Heidi Bischoff-Pflanz die Bessere ist.

Berücksichtigen Sie bei ihren Vorstellungen von Immigrantenpolitik auch das Verhältnis der verschiedenen Minderheiten untereinander, etwa der Armenier und der Türken?

Was mit den Armeniern geschehen ist, ist eine historische Frage, die ich nicht in zwei Minuten beantworten kann. Aber ich vertrete natürlich auch deren Rechte. Wenn das türkische Kabelfernsehen wie damals eine Hetzkampagne gegen die Armenier macht, bin ich natürlich auf der Seite der Armenier. Das Verhältnis der Immigranten untereinander ist für mich aber nicht der entscheidende Punkt. Da wir immer noch nicht politisch gleichberechtigt sind, geht es mir zunächst um unsere Forderungen an die deutsche Gesellschaft. Wenn wir aber unsere Rechte bekommen haben, etwa das Wahlrecht oder das Niederlassungsrecht, dann sind auch solche Fragen an der Reihe.

Interview: Elisa Klapheck