Bonn über Amerikaner verblüfft

Amerikanische Anti-Nuklearterrorismus-Einheit seit 1982 in der Bundesrepublik stationiert BKA-Chef zeigt sich uninformiert / Atom-Ausschuß verlangt Aufklärung über Geheimabsprachen  ■  Aus Bonn Charlotte Wiedemann

In der Bundesrepublik sind Experten einer US-amerikanischen Anti-Atomterror-Einheit stationiert, über deren Tätigkeit es offensichtlich nur Geheimabsprachen zwischen dem Innenministerium und US-Stellen gibt. Darauf hatte der US -Wissenschaftler Paul Leventhal vom Washingtoner „Nuclear Control Institute“ zwar schon vor einigen Monaten in einer schriftlichen Stellungnahme für den Atom -Untersuchungsausschuß hingewiesen und geschrieben, daß sich seit 1982 Einheiten des amerikanischen „Nuclear Emergency Search Teams“ (NEST) in der BRD aufhalten, unter anderem auf der US-Airbase Ramstein. Dennoch zeigte sich der Chef des Bundeskriminalamts, Heinrich Boge, am Donnerstag im Atom -Untersuchungsausschuß uninformiert. Er werde der Frage unverzüglich nachgehen, meinte Boge. Zur Verblüffung der Abgeordneten wußte auch der für die Sicherheit von Atomanlagen zuständige Referent des Umweltministeriums, Fechner, nichts Genaues, sondern verwies auf Geheimabsprachen. Die SPD will nun beim Innenministerium Informationen über Anzahl, Aufgabe und rechtlichen Status dieser Atom-Polizisten verlangen. Von den bundesdeutschen Sicherheitsbehörden wird die Gefahr des sogenannten „Nuklearterrorismus“ als völlig gering eingestuft, wie im Atom-Ausschuß jetzt noch einmal deutlich wurde. Die Forderung nach einer deutschen Sicherheitseinheit, wie sie in einer Studie des Kernforschungszentrums Jülich bereits vor Jahren erhoben wurde, wies das Innenministerium erst kürzlich erneut zurück. Diese Tatsachen und der Zeitpunkt der Stationierung der NEST-Einheit 1982 (Proteste gegen Raketen-Stationierung) legen die Vermutung nahe, daß es nicht um den Schutz herkömmlicher Atom-Anlagen geht, sondern um Sicherungsmaßnahmen der US-Streitkräfte für ihre Militärbasen.

Nach der Ausschußsitzung wiesen SPD und Grüne gestern darauf hin, daß auf Abzweigung von Nuklear-Material im Ernstfall nicht schnell genug reagiert werden könne, weil es bisher keine zentrale Erfassung des im Umlauf befindlichen Spaltmaterials gibt.