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Gorleben-Betreiber interpretieren Töpfer um

Die Grundlagen der Genehmigung zur Inbetriebnahme des Zwischenlagers Gorleben bleiben weiter im dunkeln / Die Muttergesellschaft der Betreiberin, die DWK, speckt Töpfers Genehmigungsvoraussetzungen ab / Der Reaktorminister schweigt sich aus  ■  Von G.Rosenkranz/W.Gast

Berlin (taz) - Die Betreiber des Zwischenlagers Gorleben interpretieren die Voraussetzungen für die Genehmigung zur Inbetriebnahme vom 6.September anders als Bundesumweltminister Töpfer. Das geht aus einer breit an Presse und Atomindustrie gestreuten Erklärung der Deutschen Gesellschaft für Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoffen (DWK) hervor, mit der die Muttergesellschaft des Betreiberunternehmens Brennelemente Gorleben (BLG) auf einen taz-Bericht vom 14.September reagiert hat. In dem Artikel war dargelegt worden, daß nur zwei Atomkraftwerke (Brokdorf und Stade) über eine Genehmigung zur Rücknahme defekter Brennelementbehälter („Castor“) aus dem Zwischenlager Gorleben verfügen. Reaktorminister Töpfer hatte dagegen noch im Mai seine Zustimmung zum Sofortvollzug der Inbetriebnahme von Gorleben davon abhängig gemacht, daß „mindestens die Mehrzahl der Kernkraftwerke“ über eine solche Rücknahmegenehmigung verfügen oder „entsprechende Anträge gestellt haben“. Diese vom Sprecher Töpfers, Hans-Peter Meister, vor zwei Wochen bekräftigte Bedingung - Meister hatte behauptet, 13 der 20 bundesdeutschen AKWs verfügten inzwischen über die Rücknahme-Genehmigung für defekte Castor -Behälter - erfährt in der DWK-Antwort eine entscheidende Einschränkung. Wörtlich heißt es dort: „Die Mehrzahl der Kernkraftwerksbetreiber, die das Zwischenlager in Gorleben nutzen wollen, verfügen über atomrechtliche Genehmigungen, die es ihnen gestatten, defekte Brennelementebehälter, die in Gorleben nicht repariert werden können, in ihre Kernkraftwerke zurückzunehmen.“

DWK-Sprecher Peter Schmidt bekräftigte auf Nachfrage die Interpretation, wonach die Rücknahmegenehmigung sich nur auf die Atomkraftwerke beschränke, die zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme des Lagers Gorleben dort deponieren wollen. Ausgangspunkt der Diskussion sei ja eine Aussage des Bundesumweltministers gewesen, meinte Schmidt. Die DWK sei insofern die „falsche Adresse“ für weitere Nachforschungen. Und wörtlich: „Was sich der Herr Töpfer vorgestellt hat, dazu kann ich nichts sagen.“ Der Bundesumweltminister hüllt sich unterdessen in Schweigen. Eine von seinem Sprecher vor mehr als einer Woche angekündigte Erklärung läßt trotz mehrfacher Nachfragen auf sich warten.

Nach wie vor ist das Bundesreaktorministerium den Nachweis schuldig geblieben, daß 13 der 20 bundesdeutschen AKWs über die geforderten Rücknahmegenehmigungen verfügen. Die Aussage steht im Widerspruch zu den Einlassungen der Kraftwerksbetreiber und der Landesgenehmigungsbehörden in Bayern und Hessen gegenüber der taz. Fraglich bleibt auch, ob die abgespeckten, von der DWK in ihrer Stellungnahme genannten Bedingungen tatsächlich erfüllt sind. Es gebe Erklärungen „diverser kerntechnischer Anlagen“, beteuert Peter Schmidt, daß sie über die geforderten Rücknahmegenehmigungen verfügen. Darauf müsse man sich verlassen. Reinhard König, Geschäftsführer des Lagerbetreibers BLG, sagte auf erneute Nachfrage, ihm liege eine Auflistung vor, aus der hervorgehe, in welchem Genehmigungsschritt für welche AKWs die Erlaubnis jeweils erteilt worden sei. Diese „interne Unterlage“ ist allerdings für die taz nicht einsehbar. König: „Ich sehe nicht ein, daß wir Ihnen Hilfestellung leisten, die sie dann gegen uns verwenden.“

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