: volkszählung und sonnengötter
■ interview mit dem mexikanischen theatermenschen abind aparicio, der klassische theaterkultur mit dem mythischen mexiko verbindet und damit politisches theater macht
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abind aparicio
taz: abind, du nennst dich als Künstler chinelo. du bist seit '85 in bremen. du hast hier dein pantomimisches programm vorgestellt, „chinelos augenblicke“. diese programm hat stark klassische züge, andererseits spiegelt es mexikanisches kulturgut wider. deine performance „der letzte schrei“ war noch tiefer im mythischen erleben deiner kultur verhaftet, insbesondere des mexikanischen totenkultes, und für uns zum teil schwer verständlich. wie schwierig ist es, uns diese mythischen inhalte nahe zu bringen?
abind aparicio: ich habe in mexiko eine universität besucht, wo wir viele europäische techniken
lernten, aber auch über unsere kultur arbeiten wollten. wir haben viele jahre über das theaterprogramm gestritten. aus diesem konflikt entstand die mischung klassischer formen mit meinen kulturellen quellen. zum verständnis von „der letzte schrei“: es gibt zwei schwierige Punkte, einmal entwickle ich gerade eine eigene form in meiner arbeit. Andererseits: um ein stück zu erarbeiten, brauchst du einen proberaum, und geld. ich habe mein letztes stück in meiner wohnung vorbereitet. so kann man ein stück nicht bühnengerecht herstellen. das stück ist eigentlich nicht fertig geworden.
aber diese mytholgische bilderwelt wirst du weiter entwickeln.
ja. das ist seit ca. fünf jahren meine arbeit. ich möchte meine quellen finden. ich mache theater auch, um mein leben zu verbessern. ich versuche für mich eine harmonie mit der natur wiederzufinden. ich sehe, dass hier viele schlechte sachen sind, aber sie leute nichts tun, auch die theaterleute nicht. sie kritisieren die plastikkultur und haben 50 kilo plastik auf der bühne.
du arbeitest mit mexikanischen kollegen an einem neuen projekt. wie sieht das aus?
wir wollen weiter über den mexikanischen totenkult arbeiten. auch mit deutschen zusammen. wir wollen auch untersuchen, welche beziehung der deutsche zu seinen toten hat. ein weiterer aspekt ist der kontakt zu der natur. die azteken haben viele naturgötter. Das ist eine form, mit der natur in harmonie zu leben. in europa wird natur dominiert. wir wollen diese aspekte miteinander konfrontieren.
kannst du elemente der form, nach der du suchst, beschreiben?
jetzt, wo ich stark an mythologien arbeite, treffe ich auf rituale. Das führt zu einer rituellen form - auch im hinblick auf das projekt „das totenfest in mexiko“.
dieses projekt soll mit professionellen schauspielern und laien durchgeführt werden.
ja. wir bemühen uns noch um finanzielle unterstützung für dieses jahres-projekt. inbegriffen ist ein dreimonatiger ausbildungskurs für schauspielerische arbeit. aber es gibt probleme mit der realisiserung. wenn wir keine unter
stützung bekommen, geht alles viel langsamer.
empfindest du deine arbeit als politisch?
ich glaube, das freie theater hat eine arbeitsweise entwickelt, die nicht vergleichbar ist mit den offiziellen theatern. freies theater ist viel politischer. mein theater ist natürlich politisch, ich habe eher sorge, dass mein theater die menschlichen inhalte verliert. wenn du in mexiko wärst - würdest du anders theater machen?
ich müsste da etwas anderes tun. ich verstehe die dortige realität. hier kann ich etwas gegen volkszählung sagen, aber ich verstehe bis heute nicht die ganze komplexität. in mexiko ist es ganz klar: eine korrupte regierung ist gegen das volk, und wir müssen kämpfen.
ist kämpfen hier schwieriger?
ja, weil hier alles subtil ist. diese sogenannte demokratie hat einen mechanismus der manipulation, der schwer zu verstehen ist. wir haben in mexiko eine korrupte militärregierung. der politische anteil meiner arbeit hier ist die suche nach einem wirklichen kulturaustausch.
Fragen: JMO
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