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Sensationshascherei

■ Zum Artikel: „Bremer Familie im türkischen Knast“ 24. 9. 89

Leider mußten wir, der Arbeitsausschuß des Komitees für die Freilassung von Oguz Lüle und der Familie Güler, feststellen, daß sich der Bremer taz-Redakteur in seinem Artikel mehr auf Vermutungen und Spekulationen der türkischen Presse und Polizei stützt als auf die Informationen, die wir ihm übermittelt haben. Michael Weisfeld hat sich über die Absprachen hinweggesetzt und einen der Wirklichkeit über die Hintergründe der Verhaftung der Familie Güler entgegentstehenden Artikel verfaßt. Was übrigbleibt, ist ein auf Sensationshascherei ausgerichteter Kurzkrimi, der der notwendigen Freilassung der Inhaftierten entgegenwirkt.

Ausdrücklich hatten wir zum Zusammenhang der Verhaftung erklärt, daß die türkischen Sicherheitsbehörden sich auf eine Konstruktion stützten, nach der es angeblich eine Zusammenarbeit zwischen in der BRD lebenden türkischen politisch aktiven Menschen und ebensolchen in der Türkei gibt. Die türkischen Sicherheitsbehörden brauchen eine solche Konstruktion, um die breit angelegte Verhaftungswelle zu rechtfertigen. Sie trifft die Angehörigen der politischen Gefangenen und ehemalige Gefangene. Zugleich werden von der türkischen Polizei Straßenkontrollen durchgeführt, aus denen heraus willkürlich Verhaftungen vorgenommen werden. In diesem Kontext kann die Verhaftung der Familie Güler stehen, da ihnen Ahmet Güler aus seiner politischen Aktivität vor 1980 bekannt ist. Ein gefundenes Fressen für die türkische Polizei, die im Zugzwang Fahndungserfolge nach dem Ausbruch der Gefangenen vorweisen muß. Neuer Stoff für ihre Konstruktion.

Der Artikel von Michael Weisfeld gibt dieser Konstruktion zusätzlich Nahrung. Die Vermutung, die Familie Güler hätte ihren Urlaub dazu benutzt, unter dem Gefängnis einen Tunnel zu graben, übertrifft sogar noch die Hetze der türkischen Polizei. (...) Es scheint ihm gleichgültig zu sein, ob die Betroffenen, über die er schreibt, durch seine Artikel gefährdet werden.(...)

Komitee zur Freilassung vom Oguz Lüle und Familie Güler

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