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Israelis töten mit Hartplastikgeschossen

Seit Wochenanfang drei Todesopfer in den besetzten Gebieten / Israels Verteidigungsminister weist Kritik an neuen Waffen zurück / Rabin: „Unsere Absicht: Mehr Demonstranten verletzen“  ■  Aus Tel Aviv Amos Wollin

Die neuartigen Hartplastikgeschosse, die das israelische Militär seit August gegen DemonstrantInnen in den besetzten Gebieten einsetzt, haben die ersten Todesopfer gefordert. Offiziellen Angaben zufolge starb am Wochenende ein dreizehnjähriges Mädchen, das zuvor von einem derartigen Geschoß getroffen worden war. Zwei weitere Palästinenser erlagen in dieser Woche ihren Verletzungen durch die neue Munition. Nach palästinensischen Angaben wurden am Dienstag fast hundert Personen verwundet, Agenturen meldeten am Mittwoch vormittag weitere 29 Verletzte bei Auseinandersetzungen im Gaza-Streifen.

„Das ist genau unsere Absicht: mehr Demonstranten und Unruhestifter zu verletzen.“ Mit diesen Worten wies der israelische Verteidigungsminister Jitzhak Rabin am Dienstag auf einer Pressekonferenz im Militärlager Bet El in der Westbank Einwände gegen die Hartplastikgeschosse zurück. Die Anzahl der Todesopfer sei nicht gestiegen, so Rabin. Wenn in der vergangenen Woche über 150 Palästinenser verletzt worden seien, so sei das kein Hinweis auf eine größere Zahl von Demonstrationen, sondern ein Ergebnis der neuen Einsatzbefehle für den Gebrauch von Schußwaffen. „Unser Ziel ist es, die Zahl der Verwundeten unter den Unruhestiftern zu vergrößern, ohne mehr Palästinenser zu töten“, erklärte der Verteidigungsminister. „Die größere Zahl der Opfer zeigt, daß das israelische Militär seine Mission erfüllt und daß wir in den Zusammenstößen mit Aufrührern die Übermacht haben, also als Sieger hervorgehen werden.“

Die neuen Einsatzbefehle für die Soldaten sehen unbegrenzte Anwendung der Plastikgeschosse vor, auch, wenn sie nicht in Lebensgefahr sind. Angeblich soll jedoch nur dann auf Demonstranten geschossen werden, wenn die Entfernung nicht weniger als siebzig Meter ist - eine Anweisung, die in Situationen der Konfrontation schwerlich buchstabengetreu befolgt werden dürfte. Laut Rabin wurde die Plastikmunition entwickelt, weil der Einsatz von Tränengas und Gummigeschossen gegen Steinewerfer in einer Distanz von dreißig bis fünfzig Metern wirkungslos bleibt.

Nach Angaben der UNO-Hilfsorganisation für Palästina -Flüchtlinge (UNRWA) wurden im Juli, also vor dem Einsatz der Plastikgeschosse, neunzehn Palästinenser durch Schußwaffen verletzt, von denen drei starben. Im August, als die neue Munition eingeführt wurde, stieg die Zahl der Verwundeten auf 107, vier Menschen starben. In diesem Monat werden bislang 180 Verletzte und fünf Tote verzeichnet. Ein Sprecher der Armee wollte sich nicht zu diesen Zahlen äußern.

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