Punktsieg für Abtreibungsgegner

CDU/CSU beschließt: Krankenkassenfinanzierung von Abtreibungen wird nicht in Gesundheitsreform übernommen / FDP auf Kompromißkurs „Mutterschaftspaket“ soll geschützt werden  ■  Von Helga Lukoschat

Berlin (taz) - Die „LebensschützerInnen“ in den Unionsparteien haben einen Punktsieg errungen: Die CDU-CSU -Fraktion im Bundestag beschloß einstimmig, die Krankenkassenfinanzierung von Abtreibungen nicht in das Gesundheitsreformgesetz zu übernehmen. Die Abtreibungsfinanzierung soll als einziger Paragraph in der Reichsversicherungsordnung (RVO) verbleiben, die ansonsten von dem Gesundheitsreformgesetz abgelöst wird. Der Koalitionspartner FDP blieb bei seiner Kritik an dem Beschluß vom Dienstag abend, signalisierte aber Kompromißbereitschaft. Eine Entscheidung wird erst auf der Fraktionssitzung am 11.Oktober gefällt.

Die Bedenken in der FDP konzentrieren sich auf die Frage, ob mit der „Sonderbehandlung“ der Abtreibungsfinanzierung ein Recht „zweiter Klasse“ geschaffen wird. Die frauenpolitische Sprecherin der FDP, Uta Würfel, betonte gegenüber der taz, daß „alle rechtlichen Bedenken“ ausgeräumt werden müssen, bevor eine Zustimmung erfolgen könne. Um künftig Unsicherheiten über die Finanzierung von Schwangerschaftsabbrüchen zu vermeiden, gibt es in der FDP den Vorschlag, ein Paket „Mutterschaft“ zu schnüren: nicht nur die Krankenkassenleistungen bei einem Schwangerschaftsabbruch, sondern auch bei Vorsorgeuntersuchungen, Geburt, oder der Versicherungsschutz bei Bezug von Erziehungsgeld sollen in der RVO verbleiben. Das Gesundheitsreformgesetz - im November soll es im Bundestag verabschiedet werden - soll mit einem entsprechenden Hinweis versehen werden. Dagegen sieht der Beschluß der CDU-CSU-Fraktion diesen Verweis bisher nicht vor.

Im gestrigen Koalitionsgespräch wurde vereinbart, daß sich die Rechtsexperten aus Union und FPD zu dieser Frage zusammensetzen. Auch Blüm wird in den komenden Tagen mit der FDP-Spitze verhandeln.

Ausgelöst wurde die Koalitionsauseinandersetzung durch den Vorstoß von anfänglich 26 Abgeordneten, die ihre Zustimmung zur Gesundheitsreform wegen der dort vorgesehenen Abtreibungsfinanzierung verweigern wollten. Sie hatten ursprünglich gefordert, die Kassen-Abtreibungen nur noch bei Bedürftigkeit der Frau zu bezahlen. Nach mehreren Fraktionsgesprächen einigte sich die Union dann auf die jetzt vorliegende Regelung. Sie erlaubt den AbtreibungsgegnerInnen, der Reform zuzustimmen, ohne ihre Pläne auf eine Abschaffung der Krankenkassenfinanzierung langfristig aufgeben zu müssen. Der Verbleib der Abtreibungsfinanzierung in der RVO ermöglicht es, das Thema immer wieder auf die Tagesordnung zu bringen. Bei der Verankerung im Gesundheitsreformgesetz, das in das fünfte Sozialgesetzbuch mündet und für die nächsten Jahrzehnte Geltung haben soll, wäre dies sehr viel schwieriger geworden.