: Schlußfeuer für IWF-Kongreß
■ Am letzten Tag des Geldgipfels zu Berlin brennende Autos vor dem Tagungsgebäude / Fünfhundert Festnahmen in fünf Tagen / Zur Autonomen-Demo gestern fast für jede Demonstrantin ein grüner Begleiter...
Von Dietmar Bartz
Berlin (taz) - Auf Banker-Hotels flogen Steine, am Congreß -Zentrum brannten Autos, am Nachmittag begann die Demonstration, zu der die Autonomen Gruppen aufgerufen hatten. Zum Ende der Jahrestagung von IWF und Weltbank in Berlin hat es gestern noch einmal eine Welle von Protesten und Demonstrationen gegeben. Auch in Ost-Berlin gab es Protestaktionen gegen die Tagung. Gestern wurden dort rund fünfzig Menschen vorläufig festgenommen.
Zuvor hatte IWF-Direktor Camdessus in seiner Abschlußrede das Jahrestreffen als „positiv“ gewürdigt. Die Weltwirtschaft sei auf dem richtigen Weg, wenn's auch noch einiger Zeit bedürfe, um zu gewährleisten, daß alle Staaten von der Entwicklung profitierten. Weltbank-Präsident Conable sagte zum Abschluß, daß dabei besonders die afrikanischen Staaten von einer Lösung noch weit entfernt seien. Beide forderten mehr Offenheit im Welthandel. Die Kosten, die den Entwicklungsländern durch Handelshindernisse entstünden, seien doppelt so hoch wie die Zuflüsse aus der offiziellen Entwicklungshilfe, sagte Conable vor der Presse.
Während die Vertreter der Industrieländer ebenfalls eine positive Bilanz zogen, waren die Entwicklungländer kritischer. Die Vertreter der Staaten Lateinamerikas und Afrikas forderten bessere Zugangmöglichkeiten ihrer Länder zu den Märkten der Industriestaaten.
Viel Lob fanden Camdessus und Conable für die Organisatoren der Berliner Konferenz. Man habe in Berlin die „Wärme einer echten Gastfreundschaft“ gefunden, meinte Conable am Donnerstag nachmittag. Die hatte ihre Grenzen. Am Abend zuvor waren DemonstrantInnen doch noch an die Hotels in der Innenstadt gelangt, in denen viele Delegierte der Tagung untergebracht waren. Mehrere hundert IWF-GegnerInnen umgingen die starken Polizeikräfte in der Innenstadt. Durch Steinwürfe wurden eine ganze Reihe von Luxuslimousinen beschädigt und Scheiben eingeworfen, bis die Polizei auftauchte. Vom Nachmittag bis nach Mitternacht kam es in der Innenstadt immer wieder zu Auseinandersetzungen. In einer vorläufigen Bilanz vom Donnerstagmorgen sprach die Polizei von rund 500 Festnahmen in fünf Tagen.
Fortsetzung auf Seite 2
FORTSETZUNGEN VON SEITE 1
Zehn von ihnen sollten dem Haftrichter vorgeführt werden.
Während sich am Donnerstag morgen im ICC die Delegierten auf die Abschluß-Statements vorbereiteten, gerieten in Sichtweite des Gebäudes und an verschiedenen Stellen in der Innenstadt eine Reihe von offenbar präparierten Autos in Brand.
Ebenfalls am Vormittag wurde vom Basso-Tribunal das Urteil im symbolischen Prozeß gegen IWF und Weltbank bekanntgegeben, der drei Tage lang vor dem Forum geführt worden war. Die Jury aus internationaler Prominenz erkannte auf schuldig - aber die Strafe wurde „zur Bewährung“ ausgesetzt: Die Juroren setzten auf die Reformierbarkeit der beiden Finanzagenturen und wollen nach zwei Jahren noch einmal prüfen, ob deren „Resozialisierung“ gelungen ist.
Während Camdessus und Conable ihre Abschlußansprachen hielten, versammelten sich gestern kurz vor Redaktionsschluß zunächst rund 1.400 Menschen zur Auftaktkundgebung der „internationalistischen“ Demo autonomer Gruppen.
Rund 1.000 Beamte waren in unmittelbarer Nähe des Sammelplatzes eingesetzt; die DemonstrantInnen wurden bis zu drei Mal von Polizeibeamten durchsucht.
In der Innenstadt wurden schweres Räumgerät und Wasserwerfer aufgefahren. Auch die Anti-IWF-Kampagne und die Berliner AL hatten eine Teilnahme an der Demo empfohlen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen