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Festgesetzt im türkischen Knast

Die Politische Polizei von Ankara bricht ihr Schweigen: Türken aus Bremen sind in Haft / Vorwurf der Beihilfe zur Flucht von 18 politischen Gefangenen / Staatssicherheitsgericht entscheidet über Untersuchungshaft  ■  Aus Bremen Michael Weisfeld

Oguz Lüle und die Familie Güler, Türken aus der Bundesrepublik, die seit zehn Tagen in der Türkei verschollen sind, befinden sich in Gewahrsam der türkischen Politischen Polizei. Gegen sie wird wegen des Verdachts der „Beihilfe zur Flucht“ ermittelt. Das teilte das Bonner Außenministerium gestern offiziell mit. Das Staatssicherheitsgericht wird am Montag entscheiden, ob Oguz Lüle in Untersuchungshaft genommen wird. Er befindet sich seit dem 19.September in den Händen der Politischen Polizei.

Bei den Gülers steht die Entscheidung am 5.Oktober an. Dann sind die 15 Tage verstrichen, während der Verdächtige in der Türkei ohne Gerichtsentscheidung in Haft gehalten werden können.

Schon am Donnerstag bestätigte Yahya Kütük, Leiter des „Politischen Büros der Polizei von Ankara“, daß Ahmed Güler aus Bremen und seine Eltern in den Händen seiner Behörde sind. „Die sind hier bei uns, und es geht ihnen gut“, sagte er am Telefon zu einem Bremer Journalisten türkischer Herkunft. „Warum interessiert ihr euch in Deutschland für die drei“, wollte Kütük von dem Journalisten wissen, „was macht ihr wegen denen für ein Theater?“

Bereits am 20.September wurde die Familie Güler auf dem Heimweg von ihrer Urlaubsreise bei einer Straßenkontrolle festgenommen und ist seitdem in der Gewalt der Polizei. Den Gülers wird vorgeworfen, bei dem Ausbruch von 18 zum Tode verurteilten politischen Gefangenen aus dem Knast Kirshehir geholfen zu haben. Diesem Verdacht geht die Politische Polizei in einem „Vorermittlungsverfahren“ nach.

Gegen die Eltern besteht dabei dieser Verdacht „weit weniger“ als gegen ihren Sohn. Ahmed soll einen Fluchtwagen angemietet haben. Seit dem Ausbruch der 18 hat die türkische Polizei bei Razzien, aber auch auf offener Straße Hunderte von Leuten festgenommen.

Offenbar bemühen sich die türkischen Behörden, den Verdacht der Folter an den Gefangenen zu zerstreuen. Ein Freund der Familie aus Ankara, der sich beim „Politischen Büro“ nach ihrem Verbleib erkundigte, konnte Mustafa Güler und seine Frau am Donnerstag im Polizeibüro kurz sehen. Dem Augenschein nach seien sie nicht gefoltert worden, berichtete er telefonisch nach Bremen. Sprechen durfte er mit den beiden nicht.

Ihr Sohn Ahmed Gühler wird wie alle Gefangenen, die mit dem Ausbruch der 18 Gefangenen in Verbindung gebracht werden, in der Stadt Mersin festgehalten.

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