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Commander Timmons und Chief Kiraly

US-Raumschiff-Team bezwingt die UdSSR mit 3:1 Sätzen und holt intergalaktisches Gold im Volleyball  ■  Aus Seoul Herr Thömmes

Sollte sich zufällig unter die Spielervermittler auf den Rängen ein Hollywood-Regisseur gemischt haben, er konnte manche Entdeckung machen bei diesem Volleyballfinale. Das US -Team schickte die ganze Besatzung einer intergalaktischen Raumstation aufs Feld. Sie wissen schon, diese wunderbaren Frisuren, mit denen uns die Herren von der Enterprise immer so erfreuten.

Stephen Timmons würde einen hervorragenden Commander abgeben. Der etwas kahle Nacken findet seine Verlängerung in einer spitz zulaufenden Haartolle, was dem ganzen das Aussehen eines Schiffsbuges verleiht. Und Charles Kiraly wäre der Chief of Medical Stuff, vom Stil her etwas intellektueller.

Wann immer die beiden am Netz auftauchten, wurde es ernst für den Block der UdSSR. Vor allem Timmons schmetterte mit brachialer Wucht, während Kiraly der gute Blick für die Situation auszeichnete. Im ersten Satz reichte das trotzdem nicht. Die UdSSR agierte einfallsreicher, mit variablem Anspiel, und dem US-Team fehlte noch der rechte Spirit. Der kam erst auf, als es acht Satzbälle abzuwehren galt. Fünfmal war der Commander zur Stelle, den letzten drosch er ins Aus. Den Schwung nahmen sie mit hinüber in den zweiten Satz, führten schnell mit 7:0, was Trainer Guennadi Parchine bewog, Alter und Masse einzusetzen: Viatcheslav Zaitsev, 35, umringt von Fettpolstern und anderen Mitstreitern aus der guten alten Volleyballzeit. Sensible Finger hat der immer noch, nur beim Block kam er nicht mehr so recht vom Boden.

Bis Parchine wieder reagierte, war auch schon der dritte Satz verloren. Dann tauchte nicht nur Timmons‘ Bug für eine Weile unter, auch sein Doc tat sich etwas schwer bis zum 6:7. Es schien kurz, als schwänden die Kräfte, denn auf der Wechselbank rasten konnten die beiden nicht. Und doch waren sie es, die mit ihren Aktionen erneutes Volleyball-Gold anvisierten: Zum 6:8 und 6:10 schmetterte Timmons, das 6:9 blockte Kiraly.

Für die nächste Saison kann das den Gagen beim Beach -Volleyball nur gut tun. Mit 4 Millionen Dollar ist die Turnierrunde dotiert, die schönen Körper der Athleten locken Sponsoren und Live-Übertragungen im Fernsehen. Die Besten machen da bis zu 200.000 Dollar. Ansonsten ist das US-Team in San Diego zusammen. „Kentucky Fried Chicken“ finanziert dort ein „Job-Program“, freie Zeit fürs Training, daneben Arbeit im Konzern.

Viel Freude wird nun sein in Kalifornien, nur die Hühner haben auch weiterhin nichts zu lachen.

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