Seoul und Berlin

Das Buhlen zweier Städte um weltweite Anerkennung  ■  FLIPS & FLOPS

Ausgerechnet das gerade notdürftig der Militärdiktatur entwachsene Südkorea war in den letzten beiden Wochen angetreten, der Welt olympischen Geist einzuhauchen sowie „Frieden, Harmonie und Fortschritt“ zu bescheren. Berlin wiederum hätte anläßlich des IWF-Kongresses gar zu gerne als „weltoffene und tolerante“ Metropole globalen Eindruck geschunden. Zwei Städte, zwei ehrgeizige Projekte - beide sind sie gescheitert.

Allerdings machten die koreanischen Machthaber die weitaus bessere Figur in dieser gigantischen transkontinentalen Roßtäuscherei. Die Polizei hielt sich in Seoul meist merklich zurück, verzichtete weitgehend auf ihrer liebgewordene Gewohnheit, die Stadt in Tränengaswolken zu hüllen, und hätte sie nicht die Dummheit begangen, den Studentenführer Oh Young-Sik zu verhaften, wäre der große Demokratisierungscoup wahrscheinlich sogar geglückt.

So aber gab es heftige Proteste, 447 Zwangsrekrutierungen von aufmüpfigen Studenten zum Militär und dabei einige Todesopfer, angeblich selbstgemordet aus Verzweiflung über die Einberufung oder gleich von Soldaten erschossen. Der störungsanfällige Marathon jedoch verlief ruhig, und insgesamt war der Verlauf der Olympischen Spiele, gemessen an den Erwartungen zuvor, für Roh Tae-Woos Regime sicher zufriedenstellend.

Ganz anders in Berlin, wo Weltoffenheit für einen unfähigen Innensenator bedeutet, die Stadt bis zum Überlaufen mit auswärtigen und einheimischen Polizisten anzufüllen, wo ein Senat, geprägt von grobschlächtiger Biederkeit und schlichter Dorfschulzenmentalität, seinen Haudraufgelüsten gern freien Lauf läßt. Ein Regierender Bürgermeister, der „im Namen aller Berliner“ die angereiste Gilde von Wucherern und Halsabschneidern willkommen heißt, muß zwangsläufig diejenigen ausgrenzen, die nicht seiner Meinung sind.

Unbelastet von allen Skrupeln, die der einstigen Hauptstadt des Holocaust gut anstehen würden, wurde munter versucht, Stadtteile in große Internierungslager zu verwandeln; Vorbeugehaft und Polizeikessel feierten fröhliche Urständ und zum Schluß wunderte sich dann alles, warum eigentlich der Beifall der Weltöffentlichkeit ausblieb.

Hier könnten die Berliner Politiker, die ja selbst gern olympisch werden möchte, selbst von Seoul noch einiges lernen. Bürgermeisterin Laurien, die ja in Korea weilte, hat sicher wertvolle Erkenntnisse mitgebracht. Allzuviel Anlaß zur Hoffnung gibt es dennoch nicht. Wer weltoffen sein will, muß nämlich zuallererst das Brett vor dem eigenen Kopf beseitigen. Und das dürfte für den Berliner Senat eine schier unlösbare Aufgabe sein.

Matti