: Für den Ernstfall-betr.: "Flugzeugträger Pfalz wird aufgerüstet", "Demutsgesten gegenüber der US-Army", "Aufrüstung", taz vom 19.9.88
betr.: „Flugzeugträger Pfalz wird aufgerüstet“, S. 1, „Demutsgesten gegenüber der US-Army“, S. 3, „Aufrüstung“, S. 4, taz vom 19.9.88
Natürlich stehen wir kurz vor einem Krieg - was denn sonst? Daß er von Amerikanern (heftig unterstützt von den Westdeutschen) hierzulande vorbereitet wird, kann doch jeder wissen, der wissen will. „Abrüstungs„verhandlungen auf höchster Ebene weisen doch nur darauf hin, daß jeder Krieg unterhalb des „atomaren Infernos“ in Kauf genommen wird. Der in Vorbereitung befindliche Krieg wird ein Chemiewaffenkrieg sein. Zwar bietet Gorbatschow auch Chemie-Abrüstung an, USA und NATO sind mal wieder nicht darauf vorbereitet; andererseits ist natürlich die SU schon immer auf einen Chemiekrieg eingestellt gewesen (bei gleichzeitiger Leugnung ihrer C-Waffen-Bestände in Ländern außerhalb ihres Territoriums). Und nur ein einziger Politiker hat zu jener Zeit zugegeben, daß er von der Lagerung auf seinem Territorium wußte, als der „Große Bruder“ noch alles leugnete: Erich Honecker sprach 1986 davon, daß „das Teufelszeug hier raus müsse„; und er sprach von C-Waffen und vom Territorium der DDR. Erst im Februar 1987 gab die SU erstmals nach 1945 zu, daß sie große C-Waffenbestände vorsorglich bereithalte. Neu ist allerdings, daß Gorbatschow im letzten Jahr offiziell geäußert hat: Es gibt derzeit keine C-Waffen außerhalb des Territoriums der SU.
Was den Westen angeht, so geht es bis dahin, daß Amerikaner und Bonner Politiker abwechseln zwischen „absolut sicherer Lagerung“ und: Wir sagen nicht, was in den Depots lagert. Selbst das berühmteste Depot, Fischbach bei Pirmasens, gilt offiziell als Munitionsdepot, allenfalls als Atombombenlager. Das einzige Mal in der Geschichte der BRD, daß eine offizielle US-Stelle etwas zugegeben hat, war 1969 und auch da nur indirekt: Auf meine Frage als Ortspfarrer von Maßweiler bei Pirmasens, ob sie bestätigten oder dementieren könne, daß im dortigen „Special-Depot“ C-Waffen gelagert seien, gab die US-Botschaft in Bonn schriftlich zu Protokoll: Sie dementiere, daß B-Waffen (bakteriologische Kampfstoffe) gelagert seien. Monate später ließ der Lagerkommandant mir mitteilen, allerdings nur mündlich, „der Dreck sei jetzt ausgelagert“. Wohin? Wahrscheinlich in das damals im Aufbau befindliche Depot Fischbach. Ich bin überzeugt, auch in Maßweiler lagern heute noch C-Waffen.
Seit mehr als einem Jahr geschehen in Ramstein selbst und, davon ausgehend im süddeutschen Raum, laufend mysteriöse Unfälle, die darauf schließen lassen, daß mit Giftgaswaffen experimentiert wird. Allein im August, einmal vor, einmal nach der Flugschau-Katastrophe, gab es zwei schwere Unfälle in der Air-Base, über die offiziell nichts verlautet wurde. Im einen Fall durften die deutschen Zivilangestellten einen Tag lang die Air-Base nicht betreten.
Wir gehen noch einen Schritt weiter: Die laufend zunehmenden Katastrophen bei Flugschauen und Tiefflügen sind bewußt einkalkulierte „Zwischenfälle“, mit denen auch die Bevölkerung „eingestimmt“ wird auf „cooles Verhalten“ beim „Ernstfall“. Daß leider die Mehrheit der zu den Flugschauen Hinströmenden sich genau dort einpaßt, haben psychologische Gutachter bei den überlebenden Opfern von Ramstein feststellen können. (...)
Günther Heipp, Pfarrer, Deutsche Friedens-Bücherei, Saarbrücken 1
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen