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Kein Night-Life für Ausländer

■ Auf einem Bürgerforum der Ausländerbeauftragten verteidigten Diskotheken-Chefs und Rausschmeißer den Ausschluß von ausländischen Jugendlichen

Obwohl sie zu einem großen Teil hier aufgewachsen sind, perfekt deutsch sprechen und oft die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen, werden ausländische Jugendliche nach den Bekundungen der Betreiber in Berlin auch in Zukunft allein wegen ihres Aussehens vielfach vor verschlossenen Diskotheken-Türen stehen müssen. Dies ist das ernüchternde Ergebnis eines Bürgerforums zum Thema „Willkürliche Zutrittsverbote für ausländische Jugendliche in Diskotheken“, zu dem am Mittwoch auf Einladung der Ausländerbeauftragten des Senats, Barbara John, zahlreiche deutsche und ausländische Jugendliche, aber auch einige der an der restriktiven Ausschlußpraxis beteiligten Gastronomen und Türsteher erschienen waren.

Die Night-Life-Manager gaben zu erkennen, daß sie trotz der Kritik der betroffenen Jugendlichen aus wirtschaftlichen Gründen beziehungsweise aus opportunistischer Rücksicht auf ihr deutsches Stammpublikum weiter an der eingespielten „Apartheid“ (John) festhalten wollen und fühlten sich ihrerseits durch die Drohung mit Konzessionsentzug diskriminiert.

„Die Probleme entstehen ja nicht zwischen den Disko -Besitzern, dem Personal und den ausländischen Jugendlichen, sondern zwischen den Besuchern“, verteidigte sich der Geschäftsführer der Berliner Hotel- und Gaststätten-Innung, Siemund. Aus dem Verhalten der deutschen Gäste, die bei einem bestimmten Ausländeranteil wegblieben, habe man eben zu schließen, daß die Gesellschaft für alle gut gemeinten Integrationsbemühungen „noch gar nicht reif“ sei. Wenigstens mit größeren Gruppen von Türken und Arabern gebe es immer „Ärger und Remmidemmi“, schob ein Türsteher der Kreuzberger „Bronx“ nach.

Weitere Stereotypen, vorgebracht in der Diskussion: „Ausländische Jugendliche entfachen regelmäßig Schlägereien, machen deutsche Mädchen an, „auf der Toilette wurde mit Hasch gehandelt“. Noch einen drauf setzte der Chef des Rudower „Odyssee“, Bernd Krückel: „Von 40 durchsuchten Türken hatten 25 feststehende Messer mit.“

„Ich habe noch nie festgestellt, daß die Gründe, die von Disko-Betreibern angegeben werden, warum sie ausländiche Jugendliche ausschließen, zutreffen“, so dagegen die Ausländerbeauftragte. Sie appellierte an die jungen Ausländer, ihr verstärkt jede Zurückweisung zu melden. Alle Eingaben würde an die Diskotheken-Besitzer zur Stellungnahme geschickt.

Währenddessen bekräftigte die Charlottenburger Wirtschaftsstadträtin Monika Wissell ihre Absicht, wie erstmals im Falle eines griechischen Diskotheken-Besitzers im Bezirk, ausländerfeindlichen Diskos den Konzessionsentzug anzudrohen (die taz berichtete). Frau Wissell: „Anders wollen die ja nicht mit uns reden. Es wird so weitergemacht über Jahre und Jahre.“

thok

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