: Gut leben mit Lambsdorff
■ Bremer FDP-Degierte kehren nach Abstimmungsniederlage, aber ohne Groll vom Wiesbadener Parteitag zurück / Vorbestrafter Graf ist „gewisser Unsicherheitsfaktor“
„Gut leben“, so der Bürgerschaftsabgeordnete Fred Jungclaus, kann die Bremer FDP mit ihrem neuen Parteivorsitzenden Otto Graf Lambsdorff. Jungclaus macht allerdings kein Hehl daraus, daß ihm eine Irmgard Adam-Schwaetzer als Parteivorsitzende lieber gewesen wäre - allerdings nicht, weil die Partei damit ein anderes politisches Profil bekommen hätte: „In Wiesbaden hat keine politische Richtungswahl 'konservative Wirtschaftsliberalismus contra liberale Sozial- und Bildungspolitik‘ stattgefunden“. Aber Irmgard Adam-Schwaetzer hätte, so Jungclaus, eine stärkere Öffnung für jüngere Leute bedeutet und wäre auf die SPD -Beschlüsse zur Frauenquote eine „gute Antwort“ gewesen.
Als erster der vier Bremer Delegierten war gestern der FDP -Fraktionsvorsitzende in der Bürgerschaft, Claus Jäger, zurückgekehrt. Auch für Jäger bedeutet der Wiesbadener Wahlausgang keine Änderung im Profil der Partei:
„Lambsdorff garantiert Kontinuität nach Bangemann, steht aber nicht für einen anderen FDP-Kurs als Adam-Schwaetzer.“ Ausschlaggebend in einem „erwartet knappen Rennen, bei dessen Ausgang ich eher umgekehrt getippt hätte“, sind für Jäger vor allem zwei Punkte: Erstens das Gefühl der Partei, daß Lambsdorff in der Parteispendenaffäre „den Kopf hingehalten hat“, und zweitens der Wunsch, im „harten Alltagsgeschäft der Auseinandersetzung und der Elefantenrunden“ einen Mann mit Stehvermögen ins Rennen zu schicken. „Lambsdorff ist ein Mann, der Säle vollmacht“. Daß mit Lambsdorff auch ein rechtskräftig verurteilter Krimineller an der Spitze der FDP steht, habe bei den Delegierten allenfalls eine „untergeordnete Rolle gespielt“, sei aber „in der Außenwirkung ein gewisser Unsicherheitsfaktor“.
Unabhängig davon hätte auch Jäger - wie alle Bremer FDP -Delegierten - in Zukunft lieber
unter Adam-Schwaetzer FDP-Politik gemacht: „Lambsdorff kenne ich als Mann, der äußerst diszipliniert, aber auch äußerst autoritär arbeitet. Ich hätte mir eher einen kooperativen Arbeitsstil mit mehr Vielfalt in der Partei gewünscht.“
Mindestens ebenso überrascht wie vom Ergebnis der Vorstandswahlen zeigte sich Jäger vom Ausgang der Debatte um die umstrittene Erdgassteuer. Immerhin habe die gesamte Parteispitze die Delegierten beschworen, die Einführung der 1,6 Milliarden-Steuer mit Rücksicht auf die Bonner Koalitionspartner zu akzeptieren. Daß nur 110 Delegierte den Appellen folgten, während 126 Neuverhandlungen forderten, war „überhaupt nicht abzusehen“. Gleichwohl fiel das Ergebnis aus Bremer FDP-Sicht wunschgemäß aus: Die vier Bremer Delegierten stimmten geschlossen gegen die Erdgassteuer.
K.S.
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