WO WAR DAS GEBURTSTAGSKIND?

Zum Glück war er kaum zu erkennen: der Schriftzug „Zehn Jahre AL“ hinter der Bühne im Großen Zelt des Tempodroms. Viele Besucher hätte das sonst schwer irritiert, schließlich waren sie hier, weil die „Dissidenten“ und „Strangemen“ spielten. Gefeiert wurde schon, nur nicht von der AL. Ein Geburtstag mit rundem Datum, doch die Jubilare fehlten. Im Kleinen Zelt langweilten sich einige Parlamentskandidaten hinter Büchertischen, im Großen Zelt drückten sich am Eingang ein paar verlorene Mitglieder herum. Die meisten aber der 3.000 eingeschriebenen Alternativen waren zu Hause geblieben. Vermutlich war ihnen das Wetter zu kalt, sicher hatten sie keine Lust auf Punk von den „F.Spoons“, auf Post –Punk von den „Strangemen“, geschweige denn auf „Dissidenten“ in dieser oder jener Form – sonst wäre es nicht die AL. Die wenigen Igel, die sich sehen ließen, auch die waren spätestens um Mitternacht verschwunden. Es waren garantiert keine von ihnen, die später Bierdosen auf die „Strangemen“ feuerten, weil die Gruppe weitere Zugaben verweigerte. Eine Jugendlichkeit wollte die AL demonstrieren, die die verbrauchte Partei nicht mehr hat, und die ihren Mitgliedern (Wir um vierzig) vollends abgeht. Der AL ist für den elften Geburtstag das Cafe Möhring zu empfehlen. Einmal in den letzten Jahren nämlich war die Partei leidlich gut auf einem Geburtstag versammelt. Das war vor zwei Jahren in den Messehallen, mit weißgedeckten Tischen, feiner Garderobe und kaltem Buffet.

hmt