: Streit ums grüne Geld
■ Finanzrat der Grünen fordert Überprüfung der Finanzen durch die „Treuarbeit“ / Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Verdacht auf Steuerhinterziehung / Unregelmäßigkeiten bei der Renovierung von Haus Wittgenstein
Bonn (dpa) - Das unabhängige Wirtschaftsprüfungsunternehmen „Treuarbeit“ soll die Finanzen der Grünen unter die Lupe nehmen. Mit dieser Forderung an den Bundesvorstand der Grünen reagierte der Bundesfinanzrat der Partei am Wochenende auf Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung. Davon betroffen ist der Vermögensverwaltungsverein der Grünen, dem mehrere Bundesvorstandsmitglieder der Partei qua Amt angehören. Dem Verein gehört das Parteihaus „Wittgenstein“ bei Bonn, bei dessen Renovierung es Unregelmäßigkeiten bei der Abführung von Steuern und Sozialabgaben gegeben hat. Während der Finanzratssitzung war es zu Vorwürfen zwischen realpolitisch und radikal-ökologisch orientierten Mitgliedern des Grünen Bundesvorstandes gekommen.
Angesichts der staatsanwaltlichen Ermittlungen und der Beschlagnahme von Akten bei einem früheren Rechnungsprüfer der Grünen könne die Überprüfung des Finanzgebarens in der Bundesgeschäftsstelle nicht mehr allein der damit beauftragten parteiinternen Untersuchungskommission überlassen bleiben, stellte der Finanzrat bei seiner Sondersitzung in Bonn fest. Ihm gehören die Schatzmeister und weitere Vertreter der Landesverbände der Grünen an. Durch eine umfassende und unabhängige Untersuchung müßten die Grünen „gläserne Kassen“ schaffen. Nur ein Gutachten der „Treuarbeit“ könne allen Spekulationen, Verdächtigungen und Vorwürfen bezüglich der Finanzen den Wind aus den Segeln nehmen, heißt es in dem Beschluß.
Gleichzeitig wandte sich der Finanzrat gegen einen Bericht in der neuesten Ausgabe des 'Spiegel‘, in dem Anmerkungen aus der letzten Sitzung des Gremiums „entstellt widergegeben“ würden. Behauptungen - die in einem internen Schreiben des früheren Grünen Geschäftsführers Lukas Beckmann erhoben und unter anderem vom 'Spiegel‘ aufgegriffen wurden -, Walde und Schulz seien für die Vernichtung von Lohnzetteln und die Hinterziehung von Abgaben verantwortlich, seien allenfalls als „Fragestellungen“ zu verstehen. Walde kündigte am Sonntag eine Gegendarstellung zu dem 'Spiegel'-Artikel an.
Am Wochenende arbeitete auch die parteiinterne Kommission an ihrem Abschlußbericht über die Untersuchung verschiedener Vorwürfe der Fianzmanipulation in der Bundesgeschäftsstelle, darunter der „Wittgenstein„-Komplex. Der Bericht soll dem am nächsten Wochenende in Bonn tagenden Bundeshauptausschuß der Grünen, vorgelegt werden. Bereits an diesem Montag beschäftigt sich auch der Bundesvorstand erneut mit den Vorgängen.
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