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Was ist schon passiert?-betr.: "Gemein: Strauß tot", taz vom 4.10.88

betr.: „Gemein: Strauß tot“, taz vom 4.10.88

1. Wiglaf hat mit dankenswerter Klarheit auf die permanente Bigotterie der taz-lehramtlichen Kommentatoren der Zeitgeschichte hingewiesen.

2. Die deutsche Gesinnungs-Linke wird in der Betrachtung politischer Angelegenheiten nie über ihren emotionalen Horizont hinauskommen. Was ist schon passiert? Ein bayerischer Politiker ist bei der Ausführung seiner Dienstgeschäfte in einer fürstlichen Karosse zusammengebrochen - auch wenn die Kutsche nur ein windiger VW-Bulli war. Als vor einiger Zeit ein italienischer Politiker (Berlinguer) während seiner Tätigkeit - Rede an Arbeiter - der Schlag getroffen hatte, verwandelten die Italiener das Staats-Begräbnis in eine Massendemonstration. Heute wie damals wird die deutsche Möchtegern-Elite fassungslos die Massen bestaunen, die dem Toten die letzte Ehre erweisen. Im Grunde kann sie ihr eigenes Volk bekanntlich das zu emanzipierende Subjekt - nicht ausstehen.

3. Bleibt die menschenverachtende, zynische, geschmacklose und abgefeimte Hundsgemeinheit des FJS durch die Form seines Abgangs der deutschen Linken („den Ratten“) zum letzten Mal eins auszuwischen. Vielleicht können sich die sogenannten Autonomen freuen: In deren Perspektive hat die Anti-IWF -Kampagne zum Schluß doch noch ihr prominentes Opfer gefunden.

Lord Sinclair, zur Zeit München

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