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Haben die Damen gar nichts zu bieten?

■ BerlinerInnen fragten die Kandidatinnen von AL, SPD und FDP zur Abgeordnetenhauswahl einiges, geantwortet oder gar diskutiert wurde weniges / Reges Interesse am Thema „Null Promille am Steuer“ / Schweigen von CDU- und FDP-Frauen zum Paragraph 218

Die bürgerliche Frauenbewegung hat ihre Wurzeln bekanntlich im Sozialen. Schon die Frauenrechtlerinnen des 19.Jahrhunderts taten sich im Kampf gegen den Alkoholismus hervor. Wen wundert es da noch, wenn bei der Kandidatinnenbefragung des Berliner Frauenrates zur Abgeordnetenhauswahl die Forderung nach „Null Promille am Steuer“ bei Publikum und Politikerinnen den größten Anklang fand?

Das Hearing des Landesfrauenrates, dem Zusammenschluß von 32 traditionellen Frauenverbänden, verhieß für die künftige Frauenpolitik vor allem eines: Langeweile. Keine überschritt den vertrauten Rahmen, keine wagte eine provokante oder phantasievolle Forderung, keine ließ etwas von Wut spüren angesichts der Probleme der Frauen in der Stadt. Über „Null Promille“ - die Forderung kam von der „Frauenbeauftragten“ des Guttemplerordens - wurde eifrig diskutiert, über Erwerbslosigkeit, Neue Armut oder Wohnungsnot verloren hingegen nur die anwesenden Frauen der AL ein Wort.

Und worüber unterhielten sich die Damen noch an diesem Abend? Die FDP-Frauen sind gegen die Quote, während die SPDlerinnen, vor allem Neulinge, stolz darauf sind, eine „Quotenfrau“ zu sein. Einigkeit bestand darin, daß Frauenpolitik und besonders die Arbeit im Frauenausschuß der reine Frust ist.

Eine Frage aus dem Publikum galt denn auch der Stärkung dieses Gremiums. „Federführung“ in allen Fragen und Anträgen forderte die Gleichstellungsbeauftragte der SPD, Helga Korthaase. Dagmar Birkelbach von der AL verlangte, daß mehr Männer in den Frauenausschuß müßten und mehr Frauen in die „harten“ Ausschüsse wie Finanzen oder Bau und Wohnen. Sie selbst wird sich diesmal konsequenterweise für den Ausschuß „Wirtschaft und Arbeit“ bewerben.

Soll es eine Frauensenatorin geben?, hieß es in der nächsten Fragerunde. Die CDU befand den Status quo für ausreichend: eine Frauenbeauftragte, die beim Senator für Jugend und Familie angesiedelt ist. Elke Schmidt-Petri (FDP) hielt eine Frauensenatorin schlicht für „Quatsch“. Für die Frauensenatorin konnte sich allein die SPD erwärmen: „Warum soll, was in Schleswig-Holstein mit dem Frauenministerium möglich ist, nicht auch für Berlin machbar sein?“ fragte Karin Junkers aus Schöneberg.

Die AL-Frauen betonten dagegen die Notwendigkeit eines Anti -Diskriminierungsgesetzes, das erst die Voraussetzungen schaffen würde, daß Frauenbeauftragte auf Landes- und Bezirksebene Diskriminierung von Frauen ahnden und Frauenförderung kontrollieren könnten.

Weitere Fragen galten der finanziellen Unterstützung für Frauengruppen und -verbände. Auf verbindliche Zusagen ließ sich keine der Politikerinnen ein. Erika Schmidt-Petri verstieg sich gar zu dem Vorschlag, daß Frauen eben „Klinken putzen“ müßten, Ob dieser Ignoranz ging der Journalistin Claudia Strauven ging stellvertretend für die kaum anwesenden Frauen der autonomen Projekte symbolisch „der Hut hoch“.

Auch zum Thema Paragraph-218-Politik kam nicht viel. Obwohl die Auswirkungen des geplanten Beratungsgesetzes sich jetzt schon erschreckend, in Bayern beispielsweise, studieren lassen, kam von der SPD zwar Kritik an dieser „Erschwernis“, doch keine Idee, wie sich das Gesetz auf Landesebene unterlaufen ließe. Die CDU- und FDP-Frauen hüllten sich in Schweigen.

Fazit des Abends: rein quantitativ die Erkenntnis, daß zu den Abgeordnetenhauswahlen im Januar mehr Frauen als je zuvor kandidieren. Und qualitativ? Wohl vor allem die Erkenntnis, daß die Berliner Frauenpolitikerinnen ihren männlichen Kollegen in puncto Mittelmaß durchaus ebenbürtig sind. Oder wie eine enervierte Kollegin vom Funk es gegen Ende der Veranstaltung ausdrückte: „Parlamentarismus ist eben doch Scheiße!“

Helga Lukoschat

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