: Die NPD will in Frankfurt aufmarschieren
Am kommenden Samstag will die NPD in Frankfurt gegen AusländerInnen demonstrieren / Oberbürgermeister verbietet Nazi-Aufmarsch und Gegenkundgebungen / Auch FAP und Skinheads haben sich angekündigt / DGB, Kirche und Parteien organisieren den Widerstand ■ Von Klaus-Peter Klingelschmitt
Frankfurt (taz) - Seit Monaten bereitet die neofaschistische „Nationaldemokratische Partei Deutschlands“ (NPD) in Frankfurt den Boden für eine Großveranstaltung in der Mainmetropole. Mit Bücher- und Infotischen und Flugblättern, auf denen der „sofortige Ausländerstopp“ und die „Ausweisung krimineller und illegaler Ausländer“ gefordert wird, zeigen die Rechtsradikalen - drei Jahre nach dem gewaltsamen Tod des Günther Sare während einer NPD-Veranstaltung - wieder „Hakenkreuzflagge“. Unter dem Motto „Frankfurt muß eine deutsche Stadt bleiben“ wollen sich die alten und neuen Faschisten bundesweit mobilisiert am kommenden Sonnabend in der Stadt versammeln, um zu demonstrieren, daß „nationale Politik“ (NPD) not tue. Daß sich auch die gewaltbereiten Kämpfer des neofaschistischen Exponenten Michael Kühnen angesagt haben, läßt die Magistralen der Stadt nicht mehr länger schlafen. Oberbürgermeister Wolfram Brück (CDU), der in der Vergangenheit wiederholt selbst mit ausländerfeindlichen Äußerungen aufwartete (so wollte der OB erst vor Monatsfrist per Quotenregelung die deutschstämmigen Aussiedler gegen die „fremden Asylanten“ aufrechnen), verbot am Montag kurzerhand alle von der NPD angemeldeten Veranstaltungen - wegen der zu erwartenden „gewalttätigen Auschreitungen“. Die NPD will juristisch gegen das Verbot vorgehen. Verboten wurde auch eine Auftakt-Kundgebung von Antifa-Gruppen, die am Sonnabend auf dem Friedberger Platz stattfinden sollte. Der Platz sei „tabu“, weil er in der Nähe der klirrfaktorträchtigen City nur knapp 1.000 Meter vom angemeldeten Auftriebsort der Rechtsradikalen entfernt ist und „Provokationen und Ausschreitungen“ zu befürchten seien. Der den Antifa-Gruppen von den Behörden angebotene Ausweichplatz für die Auftaktkundgebung (Danziger Platz) und die gleichfalls von den Behörden vorgeschlagene neue Demoroute durch Seitenstraßen wird von den Veranstaltern abgelehnt. Die NPD-GegnerInnen bestehen auf dem Friedberger Platz im Stadtteil Bornheim, weil dort das „Agitationsfeld der NPD und anderer faschistischer Organisationen“ sei und die NPD versuche, gerade in Stadtteilen mit einem hohen AusländerInnenanteil Haß und Rassismus zu schüren. Darüber hinaus wird von den Antifa-Gruppen seit Tagen bundesweit für den Treffpunkt Friedberger Platz geworben. Die Antifa -Gruppen des Rhein-Main-Gebietes wollen jetzt juristisch gegen die Auflagen der Behörden vorgehen. Wie ein Sprecher der Initiativen am Montag abend im DGB-Haus erklärte, werde die geplante Demonstration auf alle Fälle stattfinden, auch wenn die NPD-Versammlungen verboten bleiben sollten. Stattfinden wird auch eine Großkundgebung gegen das NPD -Treffen an der Hauptwache (11 Uhr), die von den Gewerkschaften, den Kirchen, der Jüdischen Gemeinde und dem Frankfurter Jugendring organisiert wurde und die von Grünen und Sozialdemokraten unterstützt wird. Beide Veranstaltungen der Antifaschisten, so Sprecher aus beiden Vorbereitungskomitees, stünden sich nicht konträr gegenüber. Vielmehr würde so allen Antifaschisten Gelegenheit gegeben, in Frankfurt gegen den Aufmarsch der alten und neuen Nazis zu protestieren.
In einem Vorabinfo der „Antifaschistischen Aktion“ wird darauf aufmerksam gemacht, daß sich vor allem die FAP, die am kommenden Samstag in Frankfurt die Ordner für das NPD -Treffen stellen soll, derzeit in Südhessen regeneriere. Als „Schaltzentrale und Aktionsfeld“ haben sich die Faschisten die Stadt Langen im Landkreis Offenbach auserkoren. In Langen wurde die Entlassung Kühnens aus der Haft gefeiert und die Kommune soll - so ein Flugblatt der FAP - die „erste ausländerfreie Stadt Deutschlands“ werden. FAP-Gruppen im Großraum Frankfurt fielen in den letzten Monaten durch diverse gewalttätige Aktionen auf: So fackelten Neofaschisten der sogenannten „Taunusfront“ - zusammen mit der „Löwenfront“ - einen S-Bahn-Zug der Linie Frankfurt -Wiesbaden ab. Die Polizei fand am Tatort neonazistische Flugblätter und Aufkleber. Skinheads in Bad Homburg und Gießen („Braune Adler“), schossen mit Luftgewehren um sich und warfen Rauchbomben. Und in Rüsselsheim wurde vor zwei Jahren ein Punk von Mitgliedern der neofaschistischen Gruppe „Preßwerk“ zusammengeschlagen und dabei tödlich verletzt. In Hochheim überfielen Skins auf dem Hessentag den Kebab-Stand eines Türken und schlugen den Mann krankenhausreif.
Aus Angst vor den gewalttätigen Skins sagte in Hochheim kein Bürger bei der Polizei aus. Die Skins organisieren sich zunehmend in der FAP. In Hanau, in der Wetterau und in Königstein gründeten sich neue neonazistische Gruppen, die sich zur FAP zählen.
Daß die Skins und FAP-Mitglieder am kommenden Sonnabend in Frankfurt Ordner und „Schutzfunktionen“ bei der bislang eher als „schlaff“ beurteilten NPD übernehmen, deutet zumindest auf einen Abbau der Berührungsängste innerhalb der rechtsradikalen Szene der Bundesrepublik hin. Aktionseinheiten zwischen FAP und NPD gab es bereits in Nesselwang und in Wölfersheim. Für das kommende Wochenende befürchtet die Frankfurter Polizei jedenfalls „das Schlimmste“. Allerdings sei man auf alle Eventualitäten bestens vorbereitet. Kommentar eines Antifa-Sprechers: „Hoffentlich legen die diesmal den Reichardt an die Kette.“ Reichhard war der Kommandant des Wasserwerfers, mit dem Günther Sare 1985 tödlich verletzt wurde.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen