: Heiteres Spiel, ernster Untergrund
■ Teufel veranstalten ein Feuerwerk, Faust wirkt holzschnittartig: „Doktor Johannes Faust“ als Puppenspiel, gespielt im und vom THEATRIUM im Packhaus
Von Christine Spiess
Ein mittelalterliches Gelehrtenkämmerchen. Ein Stehpult mit aufgeschlagenem Buch und Kerzenstummel, ein Sessel. Putzenscheibenfenster. In den Regalen Bücher und ein Totenschädel.
Ruhelos schreitet er durchs
Kabuff, der Gelehrte im schwarzen Mantel, der ihm schlotternd von den Schultern fällt, und er sinnt auf Ruhm und Ehr, die er gern für seine Seele eintauschen will: der alte Doktor Faust.
Da beginnen schon die guten und bösen Geister um ihn zu streiten. Von oben kommt eine Hand und öffnet die Bibel, aber die Konkurrenz ist entschieden eindrucksvoller: ein Blitz zischt durch die gute Stube, erlischt, zischt wieder.
Die Teufel veranstalten ein kleines Feuerwerk. Und sie erscheinen auch. Aber wie sehen sie aus! Der eine mit seiner aufgedunsenen Wampe tänzelt mit der Grazie der Dicken und der andere erinnert an ein wienerwaldschen Gummiadler mit zigtausend Flugstunden. Richtig süße Teufelchen.
Aber auch der Doktor Faust ist nicht grad eine zergrübelte, „faustische“ Figur, er wirkt eher holzschnittartig. Kein Wunder. Ist er doch aus Holz, eine Marionette.
„Doktor Johannes Faust“ als Puppenspiel, gespielt im und vom THEATRIUM im Packhaus, d.h. von Matthias Träger und Detlef Andreas Heinichen. Der „Doktor Faust“ ist ihr erstes Puppenspiel für Erwachsene. Matthias Träger hat die Puppen dafür gemacht, die netten Teufelchen und den entschieden würdigeren Mephisto, den Doktor
Faust, seinen knöchernen Famulus, den pfiffigen Hanswurst...
Detlef Andreas Heinichen hat, nach den alten Puppenspielvorlagen, den Text geschrieben; er hat dabei die Geschichte vom Mittelalter in die Zeit der Bauernkriege verlegt, weil er den Doktor Faust als einen darstellen wollte, der zwar gelehrt, aber weder fähig noch willens ist, sich den Problem seiner Zeit zu stellen.
Ein heiteres Spiel mit ernstem Untergrund. Und amüsant (bis auf ein paar Längen gegen Ende des Stücks) ist der Doktor Johannes Faust des Theatriums. Besonders reizvoll sind natürlich die Puppen, die schön anzuschauen sind und die, unter den Händen der zwei Puppenspieler, eine erstaunliche Vielfalt an Ausdrucks- und Bewegungsmöglichkeiten zeigen.
Besonders vergnüglich ist es, dem Hanswurst zuzuschauen, dem Detlef A. Heinichen im breitesten Sächsisch durch die Szenen blödeln und kalauern läßt.
Da fällt die Figur des Doktor Faust, der nach Ruhm strebt und dabei seine Seele verliert, etwas weniger bestrickend aus. Das liegt natürlich daran, daß der Wurschtl die dankbarere Rolle hat, aber auch daran, daß Heinichen seinen Puppen eine eindrucksvolle Stimme gibt, während Matthias Trägers Faust mit einem etwas nöligem Singsang auf seinen Untergang zusteuert, so daß man ihm weder Höhenflug noch Bruchlandung so recht abnehmen mag.
Aber vielleicht lernt er mal vom niedlich tumben Teufelchen „Auerhahn“, das sich mit geschwelltem Kamm in die Höhe
schraubt, um dann formvollendet auf dem Bauch zu landen, um mit dem Kinnladen zu bremsen.
Weitere Aufführungen des „Doktor Johannes Faust“ von THEATRIUM im Packhaus: 13.10, 14.10., 15.10, jeweils 20 Uhr, 17.10 15 (für Schulklassen nach vorhergehender Anmeldung) und 20 Uhr, 18.10., 20 Uhr, 19.10, 15 (für Schulklassen, dito) und 20 Uhr, 20.10, 20 Uhr
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