piwik no script img

Bestechende Aussage gegen Brück

■ Frankfurter Bestechungsskandal: Konkursverwalter einer Baufirma belastet Frankfurts Oberbürgermeister Brück vor dem Landgericht schwer / Seit 1984 informiert / Sportdezernent als „Bauernopfer“ gehandelt

Frankfurt (taz) - Schwer belastet wurde der Frankfurter Oberbürgermeister Brück (CDU) gestern vor der 4.Strafkammer des Landgerichts. Dort muß sich zur Zeit der ehemalige Leiter des Garten- und Friedhofsamtes, Alfons Weil, wegen Bestechlichkeit und Erpressung verantworten. Ihm wird vorgeworfen, von Baufirmen für städtische Aufträge Geld und Sachwerte im Wert von mindestens 750.000 Mark erhalten zu haben. In der Vergangenheit waren immer wieder Vorwürfe laut geworden, der Oberbürgermeister, der zur Zeit der Bestechungen noch Personaldezernent der Stadt war, habe davon gewußt. Brück bestritt dies beharrlich.

Gestern vormittag nun sagte der Konkursverwalter der Baufirma, der Frankfurter Rechtsanwalt und Unternehmer Walter, als Zeuge aus. Er war Mitte 1984 zum Konkursverwalter der Firma bestellt worden. Recht schnell habe er beim Prüfen der Kassenbücher gemerkt, daß da etwas nicht stimme. Regelmäßig sei Geld aus der Kasse entnommen worden. Die Besitzer der Firma, das Ehepaar G., hätten ihm schließlich von den hohen Summen erzählt, die sie dem Amtsleiter geben mußten. Zum Konkurs sei es gekommen, weil sie sich wegen eines Auftrags mit dem Amtsleiter überworfen hätten.

Das, so Walter, habe ihn interessiert. Er bohrte nach, traf sich auch mit zwei städtischen Angestellten. Den G.'s habe er zu einem „Gespräch an höchster Stelle“ geraten. Personaldezernent Brück gewährte zweimal Audienz. Frau G. habe anschließend berichtet, Brück habe „das alles gar nicht interessiert“. Beweisstücke habe er sich nicht einmal angesehen. Im Februar 1985 wurde der städtische Bedienstete M. tätig. Er übernahm nach dem Eindruck von Walter eine Vermittlerrolle für die Stadt und „kannte alle Einzelheiten“. Mit ihm handelte Walter einen Brief aus, den die G.s unterschrieben. Darin erklärten sie, die Vorwürfe gegen Weil „nicht mehr aufrecht erhalten“ zu wollen, wenn sie wieder auf die Auftragsliste kämen. Das Schreiben gaben sie beim Vergabeamt ab, Leiter der Vergabekommission war Brück. Doch die Aufträge blieben aus. Das Ehepaar stellte Strafanzeige. Die Neugier der Staatsanwaltschaft erregte gestern die Tatsache, daß Brück seinem Amtsleiter schon 1984 den Rechtsanwalt Sandmann vermittelte, nachdem er ihm gesagt hatte, er könne ihn nur im Amt halten, wenn die Vorwürfe gegen ihn „aus der Welt“ kämen. Da habe also, fragte die Staatsanwaltschaft nach, der Arbeitgeber in einer Arbeitsrechtssache an den Arbeitnehmer einen ihm genehmen Anwalt vermittelt? Derzeit wackelt auch der Stuhl des Sportdezernenten Peter Rhein. Auch er hat von der Baufirma der G.'s Geschenke angenommen. Sie hätten aber, so Brück, den üblichen Rahmen nicht überschritten. Rhein beantragte inzwischen ein Disziplinarverfahren gegen sich selbst. Er wird als das „Bauernopfer“ der CDU gehandelt.

hei

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen