: Stoff-Stückchen
■ Trotz Pleite will das Übersee-Museum eine Kopftuch-Ausstellung zeigen
„Wenn wir auf dem Diwan sitzen oder mit Freundinnen Tee oder Kaffee trinken, dann haben wir die Kopftücher in einer bestimmten Weise geknotet. Wir nennen es 'auf die gemütliche Art‘.“ So beschreibt eine junge Türkin eine der unzähligen Varianten, den Frauenkopf zu bedecken. Eine bestimmte Spitze im Tuch bedeutet: Ich habe Streit mit meiner Schwiegermutter, eine andere heißt: „Gefängnismauer“ und bedeutet: Mein Mann ist in Gefangenschaft. Die Tücher sind mit Perlen umrandet, auf die verschiedenste Weise gemustert und gefärbt, bestehen aus Baumwolle, Seide oder Wolle. Die Ausstellung „Das Kopftuch - ein Stückchen Stoff in Geschichte und Gegenwart“ wurde im Bonner Frauenmuseum im April des vergangenen Jahres erstmals gezeigt. Im Sommer 1989, also mehr als zwei Jahre später, soll sie endlich nach Bremen kommen. Das Überseemuseum, in den letzten Wochen vielfach öffentlich beschimpft, weil es angeblich zuviel Geld ausgibt, will sie zeigen. Begleitet soll sie werden von einem Beiprogramm: Musik, Literatur und Frauenpolitik. Offen ist zur Zeit noch die Finanzierung: Das Museum hat kein Geld. Nur die Räume, den Sachverstand und die KartenabreißerInnen kann es beisteuern.
Damit Ausstellung und Beiprogramm dennoch auf den Weg kommen, wird in der nächsten Woche ein Beirat zusammentreten. Ihm gehören der Dachverband ausländischer Kulturvereine (DAB), die Landeszentrale für politische Bildung, das Kurdische Volkshaus, das Auslandsamt der Hochschule Bremen und die Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau (ZGS) an. Die genannten Organisationen wollen sich an der Finanzierung beteiligen.
Die Idee, die Kopftuch-Ausstellung nach Bremen zu holen, stammt von der ZGS. „Wir wollen damit Verständnis für die Ausländerinnen wecken“, sagt Brigitte Melinkat.
Die Ausstellung scheint dazu gut geeignet. Unter jedem anatolischen Kopftuch eine islamische Fundamentalistin vermuten, diese Denkgewohnheit wird man aufgeben müssen, wenn man die Ausstellung gesehen hat. Denn das Kopftuch ist ein praktisches und modisches Ding und erst in zweiter Linie ein religiöses. Und laut Ausstellungskatalog wird die Geschichte des Frauenkopftuchs nicht nur in der orientalischen Kultur verfolgt, sondern auch in der mitteleuropäischen.
mw
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