Crime contre l'humanite

Am 29.9.88 um sieben Uhr Greenwich Mean Time hat Chinas Regierung mit einem unterirdischen Atombombentest die Erde erzittern lassen. Laut des Seismologischen Zentraloberservatoriums in Erlangen fand die Explosion im Nordwesten Chinas in Lop Nor statt und hatte eine Stärke bis zu 20 Kilotonnen TNT. Zum Vergleich: Die Hiroshimabombe hatte 15 kt.

Die taz-Redaktion würde uns Lesern einen guten Dienst erweisen, wenn zu Atombombentests eine Kurzmeldung auf der Titelseite mit Angabe des Datums, der Uhrzeit, des Ortes und des Schätzwerts der Explosionsstärke erscheinen würde. Für Proteste bei den Botschaften der betreffenden Atomstaaten sind diese Daten dienlich. Es gibt Zeitungen, die einen festen Platz für so wichtige Informationen einräumen. Ich denke an die rechte Spalte der Seite 2 der Konkurrenzzeitung 'Frankfurter Rundschau‘.

Nicht nur aus friedenspolitischer, sondern auch aus ökologischer Sicht stellen unterirdische Atombombentests ein Verbrechen gegen die Menschheit (crime contre l'humanite) dar. Die Erde und die Atmosphäre werden stets irreperabel für ewige Zeiten radioaktiv verseucht. Bei jedem Atombombentest durchdringen bestimmte Radionuklide als Gase die Erdoberfläche, und zwar nicht nur durch die dabei entstehenden Krater und Risse. Überdies: „Bei durchschnittlich jedem zehnten der Versuche, die in Tiefen zwischen 27 und 2.575 Metern stattfanden, kam es zu einem sogenannten Venting. Dabei sprengt sich die Bombe den Weg nach oben frei und schleudert wie durch ein Ventil radioaktiv verseuchtes Erdreich kilometerweit in die Atmosphäre.“ (Jürgen Streich, Greenpeace Report 1, Stoppt die Atomtests S. 40, Rowohlt 1987).

Reiner Grißhammer, Erlangen