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Voscherau mit roten Ohren

■ Hamburgs Bürgermeister muß in seiner Kampagne gegen die Bewohner der Hafenstraße eine Ohrfeige einstecken: Die stadteigene Vermieterin gab eine Abmahnung nicht weiter

Hamburg (taz) - Der Versuch von Hamburgs Bürgermeister Henning Voscherau (SPD), den Hafenstraßen-Vertrag mit Hilfe von Abmahnungen zu kündigen, erlitt Montag abend einen jähen Rückschlag. Die stadteigene Lawaetz-Stiftung - sie fungiert als Vermieterin der ehemals besetzten Häuser in der Hafenstraße - kommt der Senatsanweisung nicht nach, den Verein Hafenstraße wegen Vertragsverletzung abzumahnen. Wie berichtet, hatte Voscheraus Rathaussenatorin Elisabeth Kiausch (SPD) eine Stacheldrahtrolle, die kurzzeitig an einem Baugerüst befestigt worden war, zum Anlaß der Abmahnung genommen. Der Vorstand der Lawaetz-Stiftung lehnte dieses Ansinnen einstimmig ab - selbst die darin vertretenen Senatsvertreter wollten Voscheraus Argumentation nicht folgen. Ihre Begründung läßt den Schluß zu, daß die Abmahnung mit Schmackes in den Papierkorb geworfen wurde: Zum einen sei der Draht längst entfernt, zum anderen „bestehen erhebliche Zweifel daran, ob der beanstandete Stacheldraht überhaupt einen Abmahnungsgrund nach dem Pachtvertrag erfüllen kann“. Die Bewohner hatten die Rolle als Schutz gegen das unbefugte Betreten des Baugerüsts Touristen und andere Neugierige kletterten nachts darauf herum - angebracht.

Nach einer mehrstündigen, lebhaften Diskussion beschloß der Senat gestern mittag, die Abmahnung ad acta zu legen. Voscherau schob seine Senatorin Kiausch vor der Presse in die Schußlinie der Kritik.

Die Lawaetz-Stiftung zeigt sich indessen befremdet über die derzeit hektische Aktivität des Senats in Sachen Hafenstraße. Für die Lawaetz-Geschäftsführerin Karin Schmalriede gestaltet sich das Verhältnis zwischen Hafenstraße und Stiftung „völlig reibungslos“.

Anfang der Woche hatte bereits Heinz Liebrecht (FDP), ehemaliger Staatsrat und Senatsvertreter im Vorstand des Vereins Hafenstraße, seine Verwunderung über die momentane Kampagne in einem Interview zum Ausdruck gebracht. Er könne nicht verstehen, daß „die Sache zu hochgeputscht wird“.

Mehr Erfolg im Bemühen gegen die Hafenstraße hatte letzte Woche das städtische Versorgungsunternehmen HEW: Vor dem Oberlandesgericht wurde das Recht erstritten, einen unbefristeten Stromlieferungsboykott über die Hafenstraße zu verhängen. Die HEW wollen solange keinen Strom liefern, bis alte Schulden aus Besetzerzeiten beglichen sind. Der Verein Hafenstraße, einige Monate nach Abschluß des Pachtvertrages gegründet, hält sich nicht für zuständig.

oli/ak

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