piwik no script img

Barschels Geist beunruhigt CDU

Stellungnahme der Nord-CDU zum taz-Bericht über angeblichen Barschel-Brief / Keine Details  ■  Von Petra Bornhöft

Berlin (taz) - Erwartungsgemäß hat der Landesverband Schleswig-Holstein der CDU gestern Stellung genommen zu einem Bericht der taz über einen vermeintlichen Brief des früheren Ministerpräsidenten Uwe Barschel an den CDU -Landesvorsitzenden und Bundesfinanzminister Gerhard Stoltenberg. In dem Brief, datiert vom 3. Oktober 1987, beschuldigt der Verfasser Stoltenberg der Mitwisserschaft an den Aktivitäten aus der Kieler Staatskanzlei gegen politische Gegner. Dieser Brief, so der Beauftragte des Landesvorstandes, Dr. Karl Treml, in einem Brief an die taz, „ist eine Fälschung“.

Dazu der Sprecher der seit Anfang Mai in dieser Sache ermittelnden Kieler Staatsanwaltschaft, von Raab-Straube: Wenn es sich um eine Fälschung handele, sei diese „nicht dilettantisch“, der Ton sei „gut getroffen“ und der Fälscher sehr gut informiert. Die Qualität lasse sogar die Schlußfolgerung möglich erscheinen, daß das Schreiben „echt ist“.

Auf diese gestern in der taz zitierten Äußerungen geht die CDU mit keiner Silbe ein. Absolutes Schweigen ebenso zu dem nachweislichen Abrücken der Partei von Uwe Barschel vor dem 3. Oktober. In Kenntnis der damaligen Situation halten CDU und Barschel-Kenner die Echtheit des Briefes für eine „schlüssige Variante“. Statt dessen bekräftigt die CDU nur, was die taz nach Recherchen in der Kieler Parteizentrale ohnehin gestern als CDU-Position veröffentlichte. So schreibt Treml: „Das Original des Briefes ist weder beim Landesvorsitzenden noch beim damaligen Generalsekretär noch in der Landesgeschäftsstelle eingegangen. Die ehemaligen Sekretärinnen von Dr. Barschel haben erklärt, einen solchen Brief auch nicht geschrieben zu haben. Der Brief enthält eine massive Selbstbezichtigung, die den Einlassungen des früheren Ministerpräsidenten, die er bis zu seinem Tode aufrechterhalten hat, widerspricht. Kopien dieses angeblichen Briefes sind zudem erst Monate nach dem Tod von Dr. Barschel, kurz vor der Landtagswahl 1988, einzelnen Persönlich Fortsetzung auf Seite 2

Kommentar auf Seite 4

keiten, auch Journalisten anonym übersandt worden. (...) Der angebliche Brief enthält eine Reihe falscher Darstellungen. Insbesondere entspricht die Behauptung, der Landesvorstand oder einzelne seiner Mitglieder hätten vorab von den Machenschaften des früheren Ministerpräsidenten Kenntnis gehabt, nicht den Tatsachen. Sie ist frei erfunden.“

In der Tonart erheblich schärfer reagierte gestern der damalige CDU-Generalsekretär Rolf Rüdiger Reichardt. Daß es sich um eine „primitive Fälschung “ handele, könne man „eindeutig aus Details des Briefes belegen“. Diese Details wollte Reichardt nicht nennen, da er zu „diesem dummen Zeug überhaupt nicht mehr Stellung“ nehme.

Abschließend heißt es in der CDU-Stellungnahme: „Bezeichnenderweise haben Medien, die in der Sache recherchiert haben, auf eine Berichterstattung verzichtet, weil es sich offensichtlich um eine Fälschung handelt. So ist dies ausdrücklich in einem Kommentar der 'Kieler Nachrichten‘ vom 7.Mai 1988 nachzulesen“.

Dieses Glanzstück der 'KN‘ vom Vortag der Landtagswahl lautet: „Gerüchte gibt es auch darüber, ob der 'Spiegel‘ noch etwas in Sachen Barschel-Affäre im Köcher habe und es wiederum gezielt einen Tag vor der Wahl auf den Markt bringe.

Ein Barschel-Brief ist da in Form einer Kopie aufgetaucht, und ein Redakteur des Blattes recherchierte emsig im Landeshaus. Die Sache habe sich aber doch recht offensichtlich als Fälschung entpuppt, lauten die jüngsten Signale. Deshalb erwarten Auguren im Landeshaus, daß an diesem Sonnabend keine Bombe mehr platzt.“

Bevor sie hochging, nahm sich die Staatsanwaltschaft der „Bombe“ an. Die Ermittlungen werden „noch einige Wochen dauern“, hieß es gestern.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen