piwik no script img

Rock? - Ist det en Schotte?

 ■ S T A N D B I L D

(„Hoch das Bein“, Donnerstag, Südwest, 23.30 Uhr) Dafür ließ meine Oma in Halle glatt das Westfernsehen sausen: Für den Kessel mit Hans Quermann, für Frühstück und Gänsebraten, die Show einmal im Jahr am ersten Weihnachtsfeiertag um 11 Uhr.

Nun haben wir das auch mal gesehen: den alten Quermann im weißen Anzug mit weinroter Fliege, wie er die DDR-Shows vorstellte. Spiel, Spaß und Unterhaltung von drüben. Genauso habe ich mir das vorgestellt. Große Bühne, rasendes Publikum, bonbonblaue, rosabunte Hintergründe, Regenbögen, Glimmer, Glanz, Bildschirmcomputergrafik. Wie bei uns zu Hause. Ob die Musik ein Quentchen ältlicher und ein bißchen deutscher, ob die Beine des Fernsehballetts noch dünner oder länger und die nackten Ärsche noch besser präsentiert sind, spielt da auch keine Rolle mehr. Im DDR-Showgeschäft gibts für Westaugen nichts Nostalgisches mehr, nur noch vage Erinnerungen an Kulenkampff in den Siebzigern und diese angestrengt gesungenen Schlager im Lichterglanz.

Immerhin, die DDR hat was, was wir nicht haben: Helga Hahnemann, die Dicke-da. Dick ist sie wirklich und sehr bunt. Sie singt auch nur Schlager, aber dafür den Lobgesang auf die Dicken. Da fühlt sich jeder Bauch geehrt.

Eine DDR-Bürgerin hat sich einst beim Fernsehen beschwert. Von sechs angesagten Kurkonzerten seien vier wegen schlechten Wetters ausgefallen. Darauf wurde ein Streichquartett in den Windkanal geschickt, auszutesten, bei welchem Wetter man noch spielen kann. Vier Musiker mit wehenden Rockschößen im Windkanal fiedelten Klassisches. Bei Windstärke vier kamen die Notenständer ins Wanken und bei Windstärke sechs die Herren, aber erst bei Windstärke sieben hob es den Contrabaß vom Boden.

Christine Lehmann

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen