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Was nun, Herr Minister?

Blau-Weiß und Tennis Borussia fusionieren - Berliner Wirtschaft und Verteidigungsminister unter Zugzwang  ■  S P O R T - B U L E T T E N

Hält Rupert Scholz sein Wort? Wenn ja, dann wird der Bundes -Verteidigungsminister demnächst nicht nur für die Abwehrarbeit und Offensivkraft der Bonner Hardthöhe, sondern auch für die Schußschwäche und Ladehemmung einiger Profi -Kicker verantworlich sein. Gut ein halbes Jahr ist es her, da gab der damalige Berliner Senator für Justiz ein vollmundiges Versprechen, das es nun einzuhalten gilt. Scholz damals: „Wenn die führenden Fußballclubs Berlins miteinander fusionieren, eine Konzentration der Kräfte stattfindet, die Vereinsmeierei endlich zu den Akten gelegt wird, dann findet das meine volle Unterstützung. Auch bei Gesprächen mit der Wirtschaft.“ Nette Worte. Und gänzlich ohne Not setzte Scholz noch einen drauf. Selbstverständlich, notierten Journalisten, stünde er in einem solchen Fall „ohne wenn und aber als Präsident zur Verfügung“.

Was Scholz sich gedacht haben mag, als er dies sagte, sei hier dahingestellt. Ein großes Risiko, beim Wort genommen zu werden, ging der Senator damals nicht ein. Fusionspläne waren schließlich jahrelang durch die Stadt gegeistert und regelmäßig gescheitert.

Doch nun hat sich die Situation geändert. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz in der vergangen Woche stellten Blau-Weiß 90 und Tennis Borussia einen Fusionsvertag vor. Die Fußballabteilungen dieser beiden Traditionsclubs werden in der kommenden Saison, wenn die Mitglieder zustimmen, vom jeweiligen Gesamtverein getrennt und gemeinsam auf Torejagd gehen. Voraussichtlicher Name: Union Rot-Weiß Berlin.

Manfred Kursawa, der 1.Vorsitzende von Blau-Weiß: „Mit diesem Zusammenschluß haben wir die langjährige Forderung der Wirtschaft erfüllt. Nun erwarten wir von dieser Seite Unterstützung.“ Heinz Pietzsch von Tebe konkretisierte: „In den letzten Jahren ist mit der Zersplitterung des Mäzenatentums im Berliner Fußball viel zu viel verpulvert worden.“ Im Klartext: Alle potentiellen Fußball-Sponsoren sollen künftig den neuen „Großverein“ unterstützen.

Und Scholz? Wo steckt der große Finanzvermittler, der neue erste Vorsitzende, die Galleonsfigur? Für die taz waren weder er noch sein Pressesprecher erreichbar. Einer anderen Zeitung aber vertraute Scholz an: „Erst muß über Programme gesprochen werden, dann über Personen.“ Vielsagend, nichtssagend, diplomatisch - so sind sie, unsere Politiker. Selbst dann noch, wenn sie, wie Scholz, längst auf dem Rückzug sind.

Holger Schacht

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