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Entsorgung als Akzeptanzproblem

Atomwirtschaft wehrt sich gegen weitere Kontrollen / Atommüllschiebereien als „Medienskandal“ abgehakt  ■  Aus Bonn Gerd Rosenkranz

Die bundesdeutsche Atomwirtschaft ist entschlossen, die mit Bundesumweltminister Töpfer nach dem Transnuklear-Skandal ausgehandelte Neuordnung des atomaren Brennstoffkreislaufes an zentraler Stelle nachträglich wieder aufzuweichen.

Anläßlich einer zweitägigen Fachtagung „Kernbrennstoffkreislauf: Aufgaben für die Zukunft“ in Bonn kritisierten mehrere Redner massiv den Ende September vom Hause Töpfer vorgelegten 50seitigen Richtlinien-Entwurf zur Kontrolle schwach- und mittelaktiver Abfälle. Der Chef der Bayernwerk AG, Jochen Holzer, referierte, die in diesem „Korsett der Neuordnung“ festgeschriebenen Kontrollregelungen seien viel zu detailliert. Ihre Einhaltung würde die Elektrizitätswirtschaft in „völlig unangemessene Aufwendungen“ stürzen.

Deutlicher wurde der CDU-Bundestagsabgeordnete Warrikoff, der als Vertreter des Lobbyverbandes Kernbrennstoffkreislauf auftrat. Er kritisierte die Aufhebung jeglicher Konkurrenz im Bereich der Konditionierung radioaktiver Abfälle zugunsten der Essener Gesellschaft für Nuklearservice (GNS) wie auch den verschärften staatlichen Kontrollanspruch. Der werde nur dazu führen, daß die Zahl der „Putativ-Störfälle“

-darunter versteht er Störfälle, die nur in der Phantasie der Medien existieren - erheblich ansteigen werde. Die Richtlinie biete „außerordentliche Chancen, dagegen zu verstoßen“.

Die Entsorgungsfrage sei weniger ein technisches Problem als eines der Akzeptanz in der Bevölkerung, erklärte Töpfers Staatssekretär Stroetmann in seinem Einleitungsreferat. Die Befürchtungen der Bürger seien einer „ganz gezielten Angstmacherei“ geschuldet.

Die Verhaftungen der vergangenen Woche im Zusammenhang mit dem Transnuklear-Skandal spielten während der Tagung keine Rolle. Die Atommüllschiebereien sind unter den Stichwörtern „ein paar Schwarze Schafe in unseren Reihen“ und „nicht Atom -, sondern Medienskandal“ längst abgehakt. Durch die „Unregelmäßigkeiten“ sei nie ein Mensch gefährdet worden, erklärte Tagungsleiter und Chef der Wiederaufarbeitunganlage Karlsruhe Walter Schüller. Wenn nun bekanntgeworden sei, daß Atommüllfässer von Transnuklear illegal in die Nordsee entsorgt worden seien, entspreche dies nur einem Verfahren, daß die belgische Seite bereits früher praktiziert habe. Ob auch das Abkippen von Atommüll in den durch Mol fließenden Fluß zutreffe, wußte Schüller nicht zu sagen.

Ebenso unbeantwortet blieb die Frage, wer wohl innerhalb von zwei Tagen die Kautionssumme von 700.000 Mark für die drei festgenommenen und dann wieder freigelassenen TN -Manager ausgeschüttet habe.

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