: Tornado-Finanziers vor dem Ausstieg
■ Bei einem Rückzug der „Kreditanstalt für Wiederaufbau“ gibt es in der BRD kaum andere Geldgeber
Die Empörung über die geplante Finanzierung des Tornado -Kampfflugzeug-Exports durch die bundes eigene Kreditanstalt für Wiederaufbau ist so einhellig, daß die Bundesregierung sich eindeutig auf dem Rückzug befindet. Neben Opposition und FDP mehrten sich gestern auch die Stimmen innerhalb der Union, die auf einen Ausstieg aus dem anrüchigen Deal drängen. Bei Messerschmidt-Bölkow Blohm (MBB), dem deutschen Rüstungskonzern, der die Tornado -Teile liefert, herrscht unterdessen Krisenstimmung. Die Frage ist, ob das Geschäft überhaupt noch opportun ist.
Berlin (taz) - „Wir wissen noch nicht, wie die Sache weitergeht. Wenn die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) den Kredit nicht übernimmt, dann wird die Geschichte schwierig, sehr schwierig.“ Im Rüstungskonzern MBB, der von deutscher Seite aus der Hauptzulieferer für die acht umstrittenen Tornados ist, zeigt man sich nach den Diskussionen der letzten Tage ratlos. Wenn nämlich die bund und ländereigene KfW unter dem wachsenden politischen Druck aus dem Kreditgeschäft aussteigt, dann gerät die deutsche Mitfinanzierung kräftig ins Wackeln. Theoretisch denkbar wäre zwar, daß dann andere Banken den Kreditanteil der KfW in Höhe von 48 Millionen Mark übernehmen, aber, so schätzt MBB-Sprecher Wolf ein, „es könnte schwierig werden, da jemanden zu finden“.
Jordanien gilt im Gegensatz etwa zu Saudi-Arabien nicht gerade als Schuldner „erster Klasse“. Und so ist äußerst fraglich, ob das deutsche Bankenkonsortium, das ohnehin schon mit einem 370-Millionen-Kredit das Rüstungsgeschäft absichern soll, für einem so unsicheren Kantonisten wie Jordanien noch weiter in die Tasche greifen wird. Die Deutsche Bank, Führerin dieses Konsortiums, erklärte gestern gegenüber der taz, sie handele in Loyalität gegenüber der Politik der Bundesrepublik und ihrer Regierung. Im Klartext: Wenn die KfW aussteigt, gibt es auch keine müde Mark von der Deutschen Bank. Theoretisch könnte MBB im „unglücklichsten Fall“ selbst mit einem Kredit für die KfW einspringen, aber, so Konzernsprecher Wolf: „So dicke haben wir's nun auch nicht.“ Möglicherweise ließe sich auf dem Kapitalmarkt in Großbritannien ein Geldgeber finden, aber da die britische Regierung mit einer Art Hermesbürgschaft ohnehin schon den Löwenanteil der Finanzierung des „Jordanien-Geschäfts“ übernommen hat, stehen auch da die Chancen nicht so gut. Nicht ausschließen will man daher jetzt bei MBB, „daß das Ganze platzt“.
Daß ihnen so kräftig in das bisher geheimgehaltene Geschäft hineingespuckt wurde, dürfte nicht nur die beteiligten deutschen Firmen MBB, MTU, Siemens, AEG und SEL vergrätzen, sondern vor allem den britischen Partner bei der Tornado -Produktion, die British Aerospace, gründlich verärgern. Schon in der Vergangenheit hatten die bei Rüstungsexporten nicht zimperlichen Briten den deutschen Firmen vorgeworfen, daß sie als bloße Trittbrettfahrer von den britischen Exportbemühungen und -risiken profitieren. Die Deutschen sicherten damit ihre Arbeitsplätze ab, hieß es da, und sie wollten den Kuchen zwar essen, aber nicht backen.
Gestern jedoch äußerte sich das Verteidigungsministerium in London betont optimistisch über das Tornado-Geschäft. Egal was die Deutschen machen, erklärte es gegenüber dem Hessischen Rundfunk, die acht Militärflugzeuge würden - wie am 9.September vertraglich vereinbart - geliefert. Jordanien würde keine Schwierigkeiten haben, andere Kreditgeber zu finden, wenn die Deutschen aussteigen, hieß es aus London.
In der Bundesrepublik verstärkte sich gestern der Widerstand gegen die ursprünglich geplante Finanzbeteiligung der KfW, die faktisch einem Regierungskredit gleichkäme. Nachdem schon am Tag zuvor neben den Oppositionsparteien auch Bundesvorstand und Fraktion der FDP entschieden gegen den KfW-Kredit protestiert hatten, kam gestern auch Kritik aus den Reihen der CDU. „Ich bin sicher, daß es für einen solchen Kredit keine Mehrheit im Bundestag gäbe“, erklärte der CDU-Abgeordnete Norbert Lammert. Nach der Debatte im Bundestag vom Mittwoch erwarte er, „daß die Mitglieder der Bundesregierung im Verwaltungsrat der Kreditanstalt die Mitfinanzierung eines solchen Geschäfts nicht genehmigen“. Lammerts Parteikollege, der Abgeordnete Bernd Wilz, der für seine Partei auch im Verteidigungsausschuß sitzt, begrüßte, daß der Kredit noch einmal überprüft werde. Auch ein anderes CDU-Mitglied des Verteidigungsausschusses äußerte Bedenken gegen die bundesdeutsche Mitbeteiligung bei der „Tornado -Finanzierung“. Keine Probleme dagegen sahen die Bonner Politiker in diesem Frühjahr bei einem anderen Projekt mit Jordanien: Unter dem Haushaltstitel „Ausstattungshilfe“ genehmigten die Parlamentarier 13 Millionen Mark für drei Bo105-Hubschrauber von MBB für die jordanische Polizei. Dieses Geschenk aus Steuergeldern sollte eine Würdigung der Friedensbemühungen König Husseins im Nahen Osten sein.
Verschwommene Aussagen hörte man gestern zu dem Tornado -Geschäft aus dem Auswärtigen Amt.
Dessen Chef Genscher ist sowohl Mitglied im Verwaltungsrat der KfW als auch im Bundessicherheitsrat, der das Jordanien -Geschäft schon im Juni dieses Jahres hinter verschlossenen Türen abgesegnet hat. Beim Außenministerium sah man sich gestern weder zu einer Äußerung in der Lage, ob Rüstungsexporte nach Jordanien mit der Nahostpolitik der Bundesregierung vereinbar seien, noch wollte man zu der Äußerung des Staatssekretärs Würzbach aus dem Verteidigungsministerium Stellung nehmen, der am Mittwoch vor dem Bundestag erklärt hatte, „aus deutschen Sicherheitsinteressen“ heraus habe man keine Bedenken gegen das Tornado-Geschäft mit deutscher Beteiligung erhoben. Diese Äußerung, so der Pressesprecher, kenne er nicht, er habe nicht ferngesehen.
Und noch etwas anderes wollte Genschers Ministerium den Journalisten gestern nicht unbedingt auf die Nase binden: daß nämlich das Königreich Jordanien an diesem Wochenende, der Zufall will es so, hohen Besuch aus der Bundesrepublik empfängt. Zu einem offiziellen Besuch kommt der Staatssekretär im Auswärtigen Amt Schäfer nach Amman.
Vera Gaserow
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