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Abschaffung des Verfassungsschutzes nicht mehr „zeitgemäß“?

■ betr.:„Starke Esser im Polizeicomputer“ in der taz vom 15.10.88, S. 26.

Mit Erstaunen mußten wir zur Kenntnis nehmen, daß Martin Thomas - Grünes MdBB und bei den Grünen auch zuständig für den Bereich Demokratie und Recht - sich der Forderung nach Abschaffung der Geheimdienste nicht anschließen will. Das um so mehr, weil in dem Bundesprogramm der Grünen zu den Bundestagswahlen 1987 die Forderung nach Auflösung des VerfSch eindeutiger Programmpunkt ist, ebenso von der Tendenz her in dem Kurzprogramm der Bremer Grünen zu den Bürgerschaftswahlen 1987.

Für politisch höchst bedenklich halten wir aber die Aussage von Martin Thomas, daß er den VerfSch auf die seiner Meinung nach „notwendigen Funktionen wie Spionageabwehr und Terrorismus Bekämpfung“ reduzieren will. Vor allem deshalb, weil unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung die exekutiven Befugnisse der Geheimdienste seit den Zeiten der sozialliberalen Koalition ständig erweitert worden sind. Desweiteren sind mit dieser Legitimation auf dem Gebiet der sog. „inneren Sicherheit“ kontinuierlich die Gesetze zu Ungunsten der BürgerInnen verschärft worden, zuletzt die Sicherheitsgesetze, von denen noch ein Teil zur Verabschiedung ansteht. Als Legitimation dafür sind immer wieder die Stichworte „Terrorismusbekämpfung“, in letzter Zeit auch „organisierte Kriminalität“ zu hören. Tatsächlich aber geht es dabei um nichts anderes, als die innenpolitische Opposition nach Möglichkeit auszuschalten und die demokratischen Rechte der BürgerInnen Schritt für Schritt abzubauen.

Eigentlich sollte Martin Thomas das auch wissen. Ist die politische Kultur bei den Bremer Grünen inzwischen so versumpft wie bei den Sozialdemokraten, wo es ja ab und an auch vernünftige programmatische Forderungen und schöne Sonntagsreden gibt, die realpolitische Praxis dann allerdings ganz anders aussieht?

Mit freundlichen Grüßen, für die Initiative

„Bürger kontrollieren die Polizei“, Peter Reimann

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