piwik no script img

Frankfurts OB wurde handgreiflich

Unbequeme Fragen zu den Bestechungsskandalen in der Verwaltung der Main-Metropole beantwortete Wolfram Brück mit Rangeleien und Beschimpfungen / Jetzt soll Staatskanzlei die Affäre managen  ■  Aus Frankfurt Heide Platen

Während eines Empfangs am Freitag mochte sich Frankfurts Oberbürgermeister Wolfram Brück nicht nach dem Bestechungsskandal fragen lassen. Er schubste die 'Spiegel -TV'-Redakteurin Christiane Meier kräftig zur Seite, rangelte mit ihr um ihr Mikrophon und beschimpfte sie lauthals. Zuvor hatte sich Brück zugeknöpft gegeben. In seiner Fraktion schwelte unterdessen der Streit, ob Brück am kommenden Donnerstag endlich Stellung zu den Vorwürfen gegen ihn nehmen soll oder nicht. SPD und Grüne haben eine Sondersitzung beantragt. Die Römer-CDU, scheint es, ist zumindest teilweise dafür, daß Brück Rede und Antwort steht, der Oberbürgermeister ist dagegen.

Noch immer geht es darum, ob er schon 1984 wußte, daß der Abteilungsleiter im Garten- und Friedhofsamt, Alfons Weil, sich von Baufirmen bestechen ließ. Dies hatte Brück immer wieder weit von sich gewiesen.

MitarbeiterInnen des betreffenden Amtes und „alte“ FrankfurterInnen erinnerten sich jetzt daran, wie es kam, daß im Laufe der Jahre 1982/83 aus dem Sachbearbeiter Weil der Abteilungsleiter Weil wurde. Der Aufstieg des bei Baufirmen als herrschsüchtiger „Don Alfonso“ verschrieenen Beamten begann möglicherweise mit einer Gefälligkeit, die er Brück erwiesen hatte. Der damalige Personaldezernent soll dem TC Palmengarten, dem Tennisverein, der bei Kennern als „die allererste Sahne“ gilt, versprochen haben, dessen marode Spielplätze im Bürgerpark Palmengarten zu sanieren. Nur: Brück fehlte der Etat, dem privaten Verein unter die Arme zu greifen. Er soll sich, so berichtete auch der Hessische Rundfunk, vertrauensvoll an Sachbearbeiter Weil gewandt haben, der diese Kleinigkeit für 124.000 Mark auch innerhalb weniger Wochen richtete.

Die Ausführung übernahm die BaufirmaG., die Brück und Weil heute schwer belastet. Woher das vom Magistrat damals noch nicht genehmigte Geld kam, liegt im dunkeln. Der Tennisplatz -Ausbau, der auf heftige öffentliche Kritik stieß, war jedenfalls im März 1982 erledigt. Das Ausschreibungsangebot der Firma G. stammt jedoch erst vom 1.April des Jahres, es wurde vom Magistrat eine Woche später nachträglich genehmigt. Das vorab ausgestellte Auftragsformular für Firma G. trägt die Unterschriften von Sachbearbeiter Weil und Personaldezernent Brück, der eigentlich weder zuständig noch berechtigt war. Zwei Monate später, so InformantInnen, sei die Organisationsabteilung des Personalamtes im Garten- und Friedhofsamt aufgetaucht. Sie habe „einen halben Tag herumgeschnüffelt“. Es entstand nagelneu die „Abteilung 4“, zuständig für die Planung und den Bau von Sportfrei- und Schulaußenanlagen. Frischgebackener Abteilungsleiter wurde Weil. Sein Gehalt erhöhte sich, seine Kompetenz wuchs an von der Berechtigung, eigenständig nur über 15.000-Mark-Aufträge jetzt über solche von 500.000 Mark zu entscheiden. Zu dieser Zeit soll er der BaufirmaG. einmal gesagt haben: „Jetzt habe ich erreicht, was ich will. Jetzt mache ich euch fertig.“ Der Magistrat bestätigte die Gründung der neuen Abteilung, gegen die es auch im Amt heftigen Widerstand gegeben hatte, am 7.Januar 1983. Nach der Verhaftung von Weil im Frühjahr 1987 fragte die SPD nach den Hintergründen dieser Affäre. Der Magistrat antwortete prompt. Die neue Abteilung sei notwendig gewesen, um „Handlungsabläufe zu straffen“.

Ein weiteres Verfahren gegen Bedienstete des Hochbauamtes platzte am Donnerstag. Einer der beiden Angeklagten hatte sich nach Spanien abgesetzt. Das Gericht erließ einen Haftbefehl. Wegen der Schmiergeldzahlungen im Hochbauamt läuft seit über einem Jahr ein Disziplinarverfahren gegen den dort zuständigen Stadtrat. Es ist noch immer nicht bearbeitet.

Inzwischen allerdings hat sich Ministerpräsident Walter Wallmann des Skandals angenommen. Er zitierte Brück in seine Privatwohnung und soll das „politische Management“ der Affäre inzwischen in die Hände des Leiters der Wiesbadener Staatskanzlei, Gauland, gelegt haben.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen