: Anonyme Hinweise sind keine Hilfe
Ellen Karau, Leiterin des Kripodezernats für Sexualdelikte, zu Straßenpatrouillen in Kreuzberg gegen Frauenbedrohung und Vergewaltigung ■ I N T E R V I E W
taz: Was halten sie von der Regenbogenfabrik-Initative nächtlicher Streifengänge gegen Frauenbedrohung?
Ellen Karau: Im Prinzip finde ich die Aktion hervorragend, weil sich viele Frauen dadurch sicherlich sehr sicher fühlen. Der Nachteil ist, daß die Täter in einen anderen Bereich verdrängt werden, wo ähliches nicht stattfindet. Wenn, wie hier, öffentlich darüber diskutiert wird, was im Prinizip ja gut ist, ist die Folge natürlich, daß sich der Täter darauf einstellt, und die Tatorte noch mehr in geschlossene Räume verlegt werden. Wir wären froh wenn der Täter durch solche Aktiviäten aufhören würde, aber gerade bei diesem Täterkreis, wo zwei Drittel Wiederholungstäter sind, ist das leider nicht der Fall.
Haben StreifengängerInnen und Kripo schon zusammengearbeit, und wenn ja werden die Ermittlungen dadurch erleichert?
Eine Zusammenarbeit ist noch nicht erfolgt. Eine Unterstützung wäre es, wenn mir die Erkenntnisse aus diesen Streifengängen zur Kenntnis gebracht werden. Aus Erfahrung weiß ich aber, daß die Gruppen den betroffenen Frauen und Hinweisgeberinnen Anoymität zusichern. Mit diesen Hinweisen kann ich wenig anfangen. Mir als Polizei wäre mehr damit geholfen, wenn sich die Frauen, die etwas sehen, mit mir Verbindung setzten: Zum einen fehlen mir oftmals kleine Mosaiksteine, die ich besser erfragen kann, zum anderen ist es schlichtweg auch ein Rechtsproblem, weil ein anoymer Hinweis vor Gericht keine Bestandskraft hat. Ich habe vor knapp 14 Tagen angeboten, mit den Damen auf dem Plenum im Mehrighof zu diskutieren, um ihnen einmal diese rechtliche Problematik der anoymen Hinweise vortragen zu können. Das Gesprächsangbot halte ich selbstverständlich aufrecht. Ich habe die besten Erfahrungen gemacht, wenn man sich einmal gemeinsam an einen Tisch setzt und darüber redet. Ich weiß aber auch, daß polizeiliche Aktivitäten dort mit großem Argwohn betrachtet werden.
Die Ablehung von Teilen des Frauenplenums wurde aber unter anderem den rabiaten Polizeiübergriffen bei der Weltbanktagung begründet.
Es ist bedauerlich wenn die Polizei so undiffernziert betrachtet wird. Mir als Leiterin einer Fachdienstelle steht es nicht zu, mich zu zu polizeilichen Einsätzen außerhalb meines Dienstbereichs zu äußern, auch wenn ich sie im internen Bereich mit Sicherheit sehr kritisch beleuchte.
Interview: plu
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