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Schrott unterm Hammer

■ Vom Gebets-Teppich bis zum Feuerlöscher - was immer man verlieren kann, findet im Fundamt neue BesitzerInnen / Auktionator leitet im Hauptberuf das Fundamt

Enttäuscht fällt der hochgewachsene Mann in der letzten Reihe in seinen Holzstuhl zurück. Das war mindestens der fünfte Versuch, ein Damenfahrrad zu ersteigern. Ein Hauch von Spannung zieht sich durch die sonst so seelenlose, heute aber bis auf den letzten Platz gefüllte Versteigerungshalle des Bremer Fundamtes. Die in den letzten Monaten in Bremen verlorenen Gegenstände - insgesamt über 200 Positionen kommen

unter den Hammer. Und etwa 100 Menschen haben sich „Auf den Kuhlen“ im Steintor eingefunden, um das Kribbeln zu erleben und möglichst ein Schnäppchen zu machen.

„Laß die Hand in der Hosentasche“, mahnt eine ältere Frau besorgt ihren Mann, „sonst gehört

Dir das Fahrrad“. Aber ihre Angst ist unbegründet. Auktionator Hasso Steinhausen, mit richtigem Beruf Leiter des Fundamtes, reagiert nur auf Zurufe. Und die sind bei dem Rad, das per Flaschenzug gerade empor gehievt wird, eher spärlich. Zwar heißt das Modell „Präzision“, sieht

aber eher nach Schrott aus. „Ein ausbaufähiges Modell, und es ist auch alles dran“, lobt Steinhausen und erhält noch 20 Mark dafür. Ganz augenscheinlich von einem Profi. Der Mann hat schon nach eineinhalb Stunden fünf Räder ersteigert.

Aber nicht nur Fahrräder werden versteigert. Die Palette reicht von Autoradios über Mofas bis zu Armbanduhren, von Geldbörsen über Feuerlöscher bis zu Regenschirmen - die gehen gleich im Fünferpack weg. Es ist schon erstaunlich, was so alles verloren wird. Ein Koffer mit 12 Taschenrechnern und einem Original-Ladegerät wechselt für 66 Mark die BesitzerIn. Und ein islamischer Gebets-Teppich nach Auffassung des Aktionators immerhin „relativ stabil und dick“, geht für 85 Mark weg. Um 14.00 Uhr ist das Spektakel vorbei. „Alles weg“ - stellt Hasso Steinhausen erleichtert fest, und „sowas schlaucht ganz schön“.

oma

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