: „Am Dienstag fiel das Beil“
■ Shaun Johnson, Politischer Redakteur der am Dienstag in Südafrika verbotenen Wochenzeitung 'Weekly Mail‘, über Pressezensur im Apartheidsstaat
Johannesburg (taz) - Pressezensur in Südafrika: Die führende oppositionelle Wochenzeitung Südafrikas, die 'Weekly Mail‘, wurde am Dienstag für vier Wochen verboten. Am Mittwoch mußte der schwarze Journalist Themba Kumalo eine vierjährige Haftstrafe antreten. Shaun Johnson, Politischer Redakteur der „Weekly Mail“, beschreibt, was das Verbot bedeutet.
Die Mitarbeiter der 'Weekly Mail‘ gingen am Montag zur Arbeit und wußten, daß das Fallbeil der Regierung über ihnen schwebte. Am Dienstag fiel das Beil. Das dreieinhalb Jahre alte Wochenblatt wurde vorübergehend enthauptet. Reporter brachen Interviews mittem im Satz ab, die schon begonnene Produktion der nächsten Ausgabe wurde aufgegeben.
Die 'Weekly Mail‘, so der Innenminister Stoffel Botha, habe „systematisch und wiederholt“ Material veröffentlicht, das die „öffentliche Sicherheit und Recht und Ordnung bedroht“. Botha braucht das nicht näher zu begründen. Der Minister ist Ankläger, Richter und Henker in einer Person. Die einmonatige Suspendierung infolge der „Ausnahmebestimmungen für die Medien“ ist nur ein Kapitel in der langen Geschichte politischer Zensur in Südafrika.
Südafrikanische Journalisten müssen Dutzende von Gesetzen berücksichtigen, die die Berichterstattung einschränken. Davon betroffen sind Artikel mit Aussagen verbotener Befreiungsbewegungen, über Aktionen von Miltär, Polizei und Gefängniswärtern; und über sogenannte „strategische Interessen“ des Landes. Dazu zählen die Atomindustrie und die Beschaffung von Erdöl.
Die Zensurgesetze sind in einem Buch zusammengefaßt, das inzwischen mehr als 300 Seiten umfaßt. Diese „formelle“ Zensur ist durch die zusätzlichen, immer schärfer werdenden Restriktionen der Ausnahmegesetze noch verschärft worden. Doch Zensur nimmt auch andere Formen an: Zwelakhe Sisulu, Chefredakteur der oppositionellen Wochenzeitung „New Nation“ und einer der bekanntesten südafrikanischen Journalisten, sitzt seit zwei Jahren ohne Anklage im Gefängnis.
Die Zensurbestimmungen des Ausnahmezustandes in ihrer derzeitigen Form sind besonders abscheulich und heimtückisch. Abscheulich, weil es einfach nicht möglich sein sollte, daß eine Zeitung veboten wird, weil sie irgendeinem Beamten nicht paßt. Heimtückisch, weil der Vorgang so undurchsichtig, so langwierig und so sehr hinter juristischen Klauseln versteckt ist.
'New Nation‘ und die in Kapstadt erscheinende Anti -Apartheid Zeitung 'South‘ mußten in diesem Jahr schon drei Monate lang schließen. Nun ist die 'Weekly Mail‘ an der Reihe. Das ist eine Maßnahme südafrikanischer Herrscher, die die Realitäten des Landes nicht begreifen, die nicht einsehen, daß nur die Veröffentlichung, nicht die Unterdrückung dessen, was in Südafrika geschieht, Hoffnung für eine friedliche Zukunft verspricht.
Dennoch wird es noch lange Zensur in Südafrika geben. Ihre Erscheinungsformen werden sich ändern, wie sie sich schon seit über 40 Jahren ändern. Politische Zensur wird erst abgeschafft werden, wenn eine grundlegende Veränderung der Gesellschaft erzielt worden ist.
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