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Ruf ruiniert

■ Schweden verschärft Asylpolitik

Zwanzigtausend Chilenen hat Schweden nach dem Pinochet -Putsch 1973 aufgenommen. Heute schachert das Land mit der einstmals liberalsten Asylpolitik um ein knappes Dutzend Sowjetbürger. Nachdem noch im letzten Jahr allen Asylanträgen von Bürgern der UdSSR - es waren nicht mehr als 73 - stattgegeben wurde, schickt Schweden heute Menschen in die Sowjetunion zurück. Begründung: Im Land der Perestroika stehe alles bestens, politische Verfolgung werde es im Falle der Betroffenen nicht geben, dies erklärten selbstsicher schwedische Einwanderungsbeamte.

Perestroika“, „Klimaveränderung“,„Reform“ heißen die Geister, die Schwedens Einwanderungsbehörden beschwören. Als wenn nicht auch sie wüßten, daß Perestroika und politische Verfolgung, Klimaveränderung und Stagnation, Reform und Repression noch immer den dialektischen Alltag der UdSSR prägen. Noch sind die Lager voll, die „psychiatrischen“ Kliniken nicht aufgelöst, noch werden demokratische Kräfte und Kritiker der Innenpolitik verfolgt. Die Rechtssicherheit eines jeden einzelnen wird zwar im Moment öffentlich diskutiert, ist jedoch institutionell noch nicht festgelegt.

Sowjetbürger bei diesem Risiko zurückzuschicken, ist verantwortungslos. Die dazugehörige Erklärung grenzt an Menschenverachtung. Schwedens Asylpolitiker nehmen die Perestroika mit vorgetäuschter Blauäugigkeit deshalb beim Wort, um die neuerliche Verschärfung der schwedischen Asylpolitik zu verschleiern. Damit wäre allerdings der Ruf des liberalsten Asyllandes endgültig ruiniert. „Die Schweden sind Arschlöcher wie alle anderen“, notierte bereits 1934 der Asylberwerber Kurt Tucholsky.

Martina Kirfel

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