: Redaktionelle Erklärung
Was passiert da gerade in der taz? Wieder mal ein Aufstand wie gehabt, wo nach rituellem Austesten der Schmerzgrenze die eine oder andere Gruppe massiv zurückschlägt? Oder geht hier die neu etablierte Leitung den Weg allen Fleisches und ersetzt inhaltliche Diskussion durch administrative Maßnahmen? Daß „Köpfe rollen“, heißt es, die Begriffe „Stalinismus“ und „Säuberung“ sind im Deutungsangebot, der künstlich dramatisierende Vergleich steht hoch im Kurs.
Dabei hat der reale Kern der Auseinandersetzung eine kaum zu überbietende Dramatik für unsere Zeitung: Nach fast zehnjährigem Bestehen gab es eben keinen klaren Konsens darüber, daß Auschwitz in der taz nie als Material für verharmlosende Wortspielereien mißbraucht werden darf, daß antisemitische Stimmungsmache kein Stilmittel ist, daß es angesichts der uns alle betreffenden Immunschwäche gegenüber dem gewöhnlichen Rassismus und Antisemitismus in unserer Gesellschaft die eindeutige Aufgabe jeder Redakteurin und jedes Redeakteurs ist, alle Sorgfalt darauf zu verwenden, dies bei der journalistischen Arbeit, bei der Produktion von Seiten auch umzusetzen.
Der Antrag an unser Gesamtplenum: zwei Redakteurinnen zu entlassen, die auch nach mehrstündiger und intensiver Diskussion in den strittigen Veröffentlichungen eine Verletzung dieser Essentials nicht sehen konnten. Dieser Antrag ist nicht Abschluß der Diskussion, sondern zwingt das gesamte Projekt zu einer Auseinandersetzung über die Arbeit der Redaktion und den Minimalkonsens unserer journalistischen Arbeit. Fehlende Trennschärfe bei Redakteurinnen und Redakteuren in diesem Grundsatz kann von der taz nur mit Trennung beantwortet werden, wenn wir unsere Verantwortung als Redaktion ernst nehmen und für unsere Leser verläßlich sein wollen.
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