: Waffenexport ans Kap vorerst gestoppt
MBB-Lieferung von Multi-Sensor-Platten an Südafrika scheint unwahrscheinlich / Vereinbarung zwischen Wirtschaftsministerium und dem Rüstungskonzern ■ Aus Bremen Dirk Asendorpf
Die Auslieferung von zwei „Multi-Sensor-Plattformen“ des Rüstungskonzerns Messerschmitt-Bölkow-Blohm (MBB) nach Südafrika „wird derzeit angehalten“. Das bestätigte gestern der Sprecher des Bundesaußenministeriums, Gerds, gegenüber der taz. Noch im Juni hatte die staatseigene Rüstungsschmiede einen dieser militärischen Horchposten ans Kap geliefert - entgegen der Embargo-Vorschrift der UNO -Resolution 591.
Die Zukunft der beiden „Multi-Sensor-Plattformen“ (MSP) ist aber trotz des derzeitigen Lieferungsstopps rechtlich unklar. Grundlage für das Anhalten der Auslieferung ist eine „Vereinbarung zwischen dem Wirtschaftsministerium und MBB“, ergänzte der Sprecher des Ministeriums, Krause. Diese ungewöhnliche Konstruktion scheint eine Reaktion auf die Veröffentlichung des Exports einer ersten Plattform zu sein, der am 21.Juni erfolgte (vgl. taz vom 29.9.88). Kommt es sogar zu einer offiziellen Rücknahme der Exportgenehmigung, muß die Bundesregierung für den wirtschaftlichen Verlust bei MBB einspringen.
Die Plattform sieht von außen wie ein unscheinbarer Camping -Anhänger aus. Doch das 10 Mio Mark teure Gerät hat hohen militärischen Nutzen. Es sei „für die Erfassung, Messung und Verfolgung bemannter und unbemannter fliegender oder beweglicher Objekte bestimmt, wie z.B. Flugzeuge, Flugkörper, Drohnen, Geschosse, Submunitionen und anderes mehr“, schreibt die Herstellerfirma selber in ihrem Heft 'MBB-aktuell‘ 4/88. Drei Stück davon hatte Südafrika schon 1985 in Auftrag gegeben und damals die erforderliche Exportgenehmigung beim Bundeswirtschaftsministerium erhalten. Angeblich sollte die Waffe lediglich für die Beobachtung von Wettersatelliten eingesetzt werden.
Doch nach der UNO-Resolution 591 dürfte die MSP schon dann nicht nach Südafrika geliefert werden, wenn sie auch nur möglicherweise militärisch genutzt werden kann. Außenminister Genscher, von einem UN-Vertreter darauf hingewiesen, Fortsetzung Seite 2
hatte am 20. Juni einen Brief an MBB geschrieben. Darum wurde die Firma gebeten, von dem Export „bis auf weiteres abzusehen“. Einen Tag vor Eintreffen des Briefes war das erste von insgesamt drei georderten MSPs verschifft worden. Die Frage ist, ob MBB von dem drohenden Exportaufschub wußte und kurzfristig vollendete Tatsachen schaffen wollte. Schließlich hatte das Europa- Büro der „Kampagne zur Überwachung des Südafrika-Embargos“ bereits am 7.Juni bei der Bundesregierung gegen den Waffenexport protestiert.
Inzwischen scheint die Ausfuhr der restlichen beiden MSPs nach Südafrika „eher unwahrscheinlich“, wie der Sprecher des Wirtschaftsministeriums meint. Davon scheint der Bremer Hafen-Kontrollbehörde allerdings noch nichts bekannt zu sein. „Die MSPs sind fertiggestellt und liegen bei MBB zur Auslieferung bereit“, teilte der zuständige Senator noch am Mittwoch mit.
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