: Vielen Dank!-betr.: "Frauen patrouillieren gegen Vergewaltiger", taz vom 31.10.88
Betr.: „Frauen patrouillieren gegen Vergewaltiger“,
taz vom 31.10.88
Da führt frau/man nun stundenlange Diskussionen, wie frau/man mit dem Problem Vergewaltigung durch einen Fremden vor der Haustür sinnvoll umgehen kann, kommt zu dem Ergebnis, Flugblätter mit den notwendigen Informationen für Frauen zu drucken und „Streifengänge“ zu organisieren, um Frauen nachts einen sicheren Nachhauseweg zu ermöglichen, weitere Vergewaltigungen zu verhindern zu versuchen und womöglich von einzelnen Tätern Personenbeschreibungen und Adressen zu bekommen, und dann wird das Ganze in der Presse als erwähnenswerte Sensation für jeder Mann lesbar breitgetreten. Na, vielen Dank!
Welchen Sinn hat denn dieses Konzept von „Patrouille“, wenn jeder davon weiß? Wieviel Sensibilität für dieses Thema bringen taz-Frauen zu Papier, wenn es um eine sensationelle Schlagzeile geht? Öffentlichkeitsarbeit zu Gewalt gegen Frauen ist nur in einer allgemeinen Auseinandersetzung losgelöst vom Einzelfall sinnvoll. Die Veröffentlichung von Reaktionsformen auf einen konkreten Vergewaltiger kann nur zur Folge haben, daß dieser sich in einen anderen Stadtteil verpißt, wo Frauen wieder von vorne anfangen müssen, noch mehr Frauen betroffen sind, all das, was wir mit unserem Konzept verhindern wollten.
Und dank der Überschrift des Interviews „Selbstjustiz lehnen wir ab“, driftet die Diskussion über Vergewaltigung womöglich wieder in eine Auseinandersetzung über „Zusammenarbeit“ mit den Bullen, Kiezmilliz usw. ab.
Der Artikel erweckt den Anschein, als ob es vorrangig darum geht, wie mit Vergewaltigern umzugehen ist, und nicht darum, welche gesellschaftlichen Ursachen Gewalt gegen Frauen hat und wie diese Strukturen aufgebrochen werden können. Welchen Anspruch verfolgt die taz eigentlich noch mit ihrer Berichterstattung?
Pat Rouilla
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