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Bombendrohungen gegen Sri Lanka-Touristen

■ 9.000 Urlauber aus dem Süden Sri Lankas evakuiert / Anschlagsdrohungen von singalesischen Extremisten / Streikwelle dauert an Opposition fordert Übergangsregierung und den Rücktritt von Präsident Jayewardene / Regierung zu Kompromissen bereit

Colombo (taz/ap) - Rund 9.000 westeuropäische Touristen bekamen jetzt zu spüren, daß der Süden Sri Lankas nicht mehr von der Regierungspartei kontrolliert wird. Am Dienstag mußten sie aus ihren Urlaubsorten in das Gebiet von Negombo, 30 Kilometer nördlich der Hauptstadt, evakuiert werden.

Die singhalesische Volksbefreiungsfront JVP hatte nach offiziellen Angaben am Dienstag morgen auf Flugblättern und durch Telefonanrufe mit Anschlägen für den Fall gedroht, daß die Touristen das Gebiet nicht verlassen sollten. Ein Beamter der staatlichen srilankanischen Tourismusbehörde sprach zwar von unnötiger Panikmache, doch auch das auswärtige Amt der Bundesrepublik hat deutschen Touristen die Heimreise empfohlen.

Seitdem vor zwei Wochen der Wahltermin für die Präsidentschaftswahlen auf den 19.Dezember festgelegt worden ist, bringt eine Protest- und Streikwelle das öffentliche Leben Sri Lankas zum Stillstand. Zentrum der Aktionen ist die Stadt Kandy im zentralen Bergland, wo bereits die Wasser - und Stromversorgung zusammengebrochen ist. Streiks in den Raffinerien haben die Benzinversorgung unterbrochen. Erst am Montag hatten Gefangene bei einer Anti -Regierungsdemonstration im größtem Gefängnis der Hauptstadt Colombo einen Teil der Haftanstalt in Brand gesetzt. Laut inoffizieller Berichte sollen dabei zwölf Personen ums leben gekommen sein, 23 weitere wurden verletzt.

Angeführt wird der Feldzuggegen die Regierumg von der chauvinistisch-nationalistischen Volksbewegung JVP, die den Rücktritt des srilankanischen Präsideten Junius Jayewardene verlangt. Die Opposition fürchtet einene groß angelegten Wahlbetrug der regierenden Vereinigten Nationalpartei und fordert die Bildung einer Übergangsregierung. Dem Oppositionsbündnis aus acht Parteien gehört auch die Freiheitspartei von Frau Bandaranaike an. Unterstützt werden die Aktionen der Opposition zudem vom einflußreichen buddhistischen Klerus. Nach angaben der Behörden haben die singhalesischenExtremisten in den vergangenen zwei Tagen 16 Menschen umgebracht und seit Ende Juli 1987 gingen mehr als 550 Morde auf ihr Konto. Damals wurde das srilankisch -indische Friedensabkommen unterzeichnet, das der tamilischen Bevölkerungsminderheit nach Ansicht der JVP zuweitgehende Rechte einräumt. Wie Regierungsbeamte in Colombo mitteilten , erhielten Militär und Polizei den Befehl, auf regierungsfeindliche Demonstranten umgehend das Feuer zu eröffnen, da Kundgebungen im Rahmen des geltenden Ausnahmezustands verboten sind. Jayewardene scheint zum Einlenken bereit. Er ist mit einer Übergangsregierung einverstanden, fordert jedoch, daß Rohana Wijeweera - der JVP-Führer - dieser Regierung angehören müsse. Nur so, meint Jayewardene, könnte die JVP von weiteren Terroranschlägen und Streikaufrufen abgehalten werden. An eine ordnungsgemäße Durchführung der Präsidentschaftswahlen ist in der gegenwärtigen Lage kaum mehr zu denken.

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