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Normalverdieners Sammelkunst

■ Bis zum 8.1.89 gibt's im Augusteum des Oldenburger Landesmuseums die zeitgenössische Kunstsammlung des Sammlers Prof. Dr. med Murken zu begucken

Zu einem beliebigen Durcheinander geraten Ausstellungen verschiedener Künstler oft, wenn sie weder thematisch noch formal eingegrenzt werden. Bei der jetzt (bis zum 8.1.89) im Augusteum des Oldenburger Landesmuseums vorgestellten Sammlung zeitgenössischer Malerei und Plastik des Mediziners Murken - ein Sammler mit „normalem Einkommen„ - stellt der durch den Beruf des Prof. Dr. med stark gezeichnete persönliche Geschmack das Kriterium für die Wahl.

Joseph Beuys stiftete Murken zum Sammeln an. Neben einigen Diagrammen sind von ihm „Blue Jeans mit getrockneten Fischen“, Relikt einer Eat-Art-Aktion, wie das Objekt „Kreuzschmerzen der Frau“ in der Ausstellung. Beuys schickte Murken auch zum Kollegen Gerhard Richter, von dem hier allerdings nur vier zweitklas

sige Bilder der 60er Jahre dabei sind. Ab welcher Gehaltstufe ist eine qualitätvolle Nicht-Grafik-Sammlung möglich?

Der Dritte der Altherrenriege ist der Plastiker Erwin Heerich, Professor in Düsselsorf wie ehemals Beuys und wie immer noch Richter und Dieter Krieg, dessen zwei großformatige Farbwühlereien aufgeblähter Alltagsgegenstände zur Banalkunst der 80er Jahre überleiten, vertreten durch Milan Kunc, den dämlichen „Fratzen„ von Charly Banana/Rolf Johannes und anderen.

Da hat es sogar Peter Bömmels leicht, sich herauszuheben. Bei ihm verbindet sich Anstreicherstil mit anspielungsreichem Witz und kunstgeschichtlichen Verweisen, ohne daß die Bilder ihren Banalitätsanspruch verlieren. Walter Dahns Bilder stehen überzeugend für eine malerische Qua

lität, zu der es mehr als Bauch und Arm braucht.

In fast schon perverser Nachbarschaft zu Heerichs Dutzend kleinen, minimalistischen Kartonskulpturen, die den Besuch allein schon lohnen, dirigiert Georgy Bretschneiders zähnefletschendes Monster mit stehendem Polizeiknüppel und hängendem Schwanz, illustriert August Walla auf symbolgehäufter Leinwand „Gott ist Sarrer Gott“, während nebenan Franz Hitzler seine traumatischen Ängste in hingerotzten Ausbrüchen bannt. Diese Malereien von psychisch Verwirrten und Kranken stellen in den letzten Jahren einen wichtigen Schwerpunkt dar. Ob allerdings eine Ausstellung durch dieses Spektrum und die artistischen Qualitätssprünge gewinnt, bleibt die große Frage.

Achim Könneke

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