Senatsumbildung: Die Macht um Wedemeier

■ Mit dem Vorschlag einer Senatsumbildung baut Klaus Wedemeier seine innerparteiliche Macht aus, mehr nicht / Interview mit Gerd Syben, Vorsitzender des Ortsvereins Schwachhausen-West, lehrt Arbeits- und Industriesoziologie an der Hochschule Bremen

taz: In Eurer Erklärung zur Senatsumbildung (dokumentiert taz 10.11.) habt Ihr gesagt, ein Neubeginn mit Personen wie Marlis Grotheer-Hüneke oder einem neuen Posten für den auszuwechselnden Bernd Meyer sei kein echter Neubeginn. Glaubt Du, daß sich der Präsident des Senats bei seinem Personenvorschlag etwas gedacht hat?

Gerd Syben: Das Bild vom Befreiungsschlag wird viel gebraucht. Das Bild ist falsch, weil man bei einem Befreiungsschlag ja versucht, den Ball wegzukriegen, ohne daß einem recht klar ist, wo er hinfliegt.

Also doch eine Kerze im eigenen Strafraum...

Syben: Der FDP-Fraktionsvorsitzende Jäger, der das gesagt hat, hat keine Ahnung. Das war insgesamt eine Präzisionsvorlage des Präsidenten des Senats für sich selber, mit der er gleich eine ganze Reihe von Zielen auf einmal erreichen will.

Der kriegt einen Senat, der so schwach besetzt ist wie selten..

Syben: Das glaube ich gar nicht einmal. Das ist um viel mehr Ecken gedacht. Erstens: Der Landesvorsitzende - man weiß, daß die beiden nicht so harmonieren - wurde in Bedrängnis gebracht. Der zweite Punkt: Derjenige, der neben ihm und neben dem Senat dabei gewesen ist, ein politisches Profil zu entwickeln, nämlich der Fraktionsvorsitzende Dittbren

ner, wird künftig in die Senatsloyalität eingebunden. Zum Dritten: An die Fraktionsspitze soll jemand, der

... vielleicht auch ein wenig abhängig von Wedemeier ist oder zumindest sehr dankbar sein muß...

Syben: Das glaube ich nicht einmal. Meyer hat mit Klaus Wedemeier immer schon gut harmoniert, mit Bernd Meyer würde auf jeden Fall nicht zu befüchten sein, daß die Fraktion dem Präsidenten des Senats aus dem Ruder läuft. Viertens: Die an sich nicht so gerne gemochte Unterordnung der Stadtentwicklung unter die Umweltpolitik, die die SPD als politisches Ziel einmal beschlossen hat, wird wieder aufgehoben. Gleichzeitig wird damit - fünftens - erreicht, daß die Umweltsenatorin, die eine sehr loyale Mitarbeiterin des Präsidenten des Senats ist, von einer Aufgabe entlastet wird, der sie strukturell nicht gewachsen war. Sechstens hat er mit Marlis Grotheer-Hüneke jemanden vorgeschlagen, die auch ihre wesentliche Qualifikation darin hat, seine Politik zu unterstützen und nichts eigenes zu entwickeln. Siebtens würde den Frauen optisch ein dritter Senatssitz zugestanden..

Wieso nur optisch?

Syben: Weil Marlis, soweit ich weiß, von der ASF (Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen, d. Red.) voll abgelehnt wird.

Das ist, das muß man sagen, eine reife Leistung, vor der ich alle Hochachtung habe, mit so wenig Bewegung so viele Zwecke auf einmal zu erschlagen.

Warum lassen Leute wie Franke oder Scherf das mit sich und dem Senat machen?

Syben: Da mußt Du sie selber fragen. Ich nehme an, daß im Augenblick niemand Lust hat, eine zusätzliche Front aufzumachen.

Also nicht nur sieben auf einen Streich.

Syben: Das Problematik liegt darin, daß dieser Vorschlag der Senatsumbildung zu sehr auf die innerparteilichen Verhältnisse zielt und zu wenig bedenkt, wie das Bild der Partei nach außen ist. Mindestens so wichtig wie die Personen, die jetzt präsentiert werden, ist die Frage, ob es wirklich einen inhaltlichen Neubeginn gibt.

Warum ist nicht außerhalb von Bremen vor dieser langen Nacht ernsthaft gesucht worden?

Syben: Dazu mußte das alles vielleicht viel zu schnell gehen. Und dann kann man eben nicht mal eben einen Minister aus dem Bett klingeln.

Was bedeutet Dittbrenner für die Baupolitik? Er gilt aus seiner früheren Zeit ein wenig als Beton-Kopf.

Syben: Das tut ihm mit Sicherheit Unrecht. Im Übrigen halte ich es noch nicht für ausgemacht, daß das so kommt. Es gibt eine Reihe

von Leuten, die ihn sehr nachdrücklich ermutigen, in der Fraktion zu bleiben. Er hat in den letzten Monaten sich in einer ganzen Reihe von Politikfeldern durchaus profiliert und auch gerade im Bereich der Stadtentwicklung erkennen lassen, daß er sich darunter mehr vorstellt als Straßenbau.

Zum Beispiel?

Syben: Zum Beispiel Straßenbahnfahrpreise. Als die BSAG die Preise erhöhen wollte, hat er das angehalten und gesagt, wir müssen erst ein Konzept haben, was wirklich einen verbesserten Öffentlichen Nahverkehr bedeutet.

Das ging auch gegen Bernd Meyer, der einbezogen war in die Pläne zur Preiserhöhung.

Syben: Bernd Meyer als Aufsichtsratsvorsitzender der BSAG oder der ganze Senat hätten ein solches Konzept schon lange von der Straßenbahn-AG fordern können.

Fragen: K.W.